SWR3 Worte

SWR3 Worte

Ich hege den kindischen Wunsch ewige Ostern zu genießen.
Ich möchte eine unaufhörliche Kette von Auferstehungen erleben.
Und den tröstenden Gesang der Osterglocken in einen Dauerchoral verwandelt wissen.
Ich möchte ein ganzes Leben lang sehen, wie die schüchternen Knospen der Weidenruten ihre Miederleibchen sprengen und wissen, dass morgen oder übermorgen die weißen Kastanienkerzen sich entzünden und der goldene Goldregen zu blühen anfängt dem die Sonne ihre glühende Farbe verleiht.
Ich wünschte, dass die große Natur eine Ausflugsgegend bliebe.
Dass die Büsche an den Zäunen die Verbotstafeln verhüllten, die uns das Betreten der schönsten Wege unmöglich machen.
Ich weiß dass eine Anzahl Menschen so lebt, als gäbe es immer Ostern und dass es ihnen gut geht. Sie haben den ewigen Glockenklang in den Ohren. Sie kümmern sich nicht um Verbotstafeln...
Wunderbar ist die Legende von der Auferstehung der Lebendigen...
Der Schriftsteller Joseph Roth

(Das große Osterbuch. Hrg Günter Stolzenberger, dtv München 2013, S.162)

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