SWR4 Abendgedanken BW

SWR4 Abendgedanken BW

Für manche Menschen scheint es keine Hoffnung mehr zu geben. Sie haben die Hoffnung und sich selbst aufgegeben. Das Leben ist ihnen zu beschwerlich geworden. Es gibt anscheinend keine Hoffnung mehr auf Besserung.
Mühselig hat der Liederdichter Paul Gerhardt sein Leben auch empfunden. Die Zeit des 30igjährigen Krieges war grausam. Ein Drittel der Menschen in Deutschland kam um. Paul Gerhardt hat seine Frau und vier seiner fünf Kinder verloren. Der Kurfürst von Brandenburg hat ihm Berufsverbot erteilt. Sein Pfarramt wurde ihm weggenommen.
Da hat er sein Lied gedichtet: „Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand."
Von der Welt spricht er als von einem fremden Zelt, in dem er nicht bleiben will, und von einer Herberge, die zu böse ist mit zu viel Leid. Wer schwer krank ist oder gar unheilbar, wem das Leben zu beschwerlich geworden ist, der kann mit diesen Worten von Paul Gerhardt vielleicht etwas anfangen.
Und - Gott sei Dank - der Liederdichter bleibt nicht bei seiner lebensmüden Klage. Paul Gerhard schreibt weiter: „Mein Heimat ist dort droben, da aller Engel Schar den großen Herrscher loben..." Er hofft trotz allem, dass noch etwas kommt und dass das mehr ist als alles, was wir hier und heute erleben können. Dass da eine Hoffnung ist auch für Menschen, für die das Leben unerträglich geworden ist.
Trotz allem glaubt Paul Gerhardt an Gott, der das Leben geschaffen hat. Gott lässt seine Geschöpfe nicht im Stich. Er hält das Leben in seiner Hand, auch über alles Leid und sogar über den Tod hinaus. Und so heißt es in dem Lied:
„Zu dem steht mein Verlangen, da wollt ich gerne hin." Das ist mehr als Weltflucht, da ist eine große Sehnsucht nach Gott selbst. Ich finde in diesem Lied Worte, die ich manchmal als Abendgebet spreche: „Die Herberg ist zu böse, der Trübsal ist zu viel. Ach komm, mein Gott und löse mein Herz, wenn dein Herz will, komm, mach ein seligs Ende an meiner Wanderschaft, und was mich kränkt, das wende durch deinen Arm und Kraft." Mir gibt dieses Lied Hoffnung und Kraft für meinen Lebensweg, auch in schweren Zeiten. Ich wünsche und bete, dass es mir auch am Ende meines Lebens Halt gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14220
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