SWR4 Abendgedanken BW

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„Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen", das liest man öfter. Wenn das stimmt, müssen wir mit der Erde behutsamer umgehen und mit der Natur, den Rohstoffen und der Energie. Dann sind wir nur Gäste auf unserer Erde. Wir leben von dem, was uns geschenkt ist und was uns die hinterlassen haben, die vor uns gelebt haben. Wir sollen fragen, was dem Leben dient und was ihm schadet. Was wir verbrauchen dürfen und was ein Raub gegenüber der nächsten und übernächsten Generation unserer Kinder und Enkelkinder ist.
Diese Einsicht ist gar nicht so neu. Der Liederdichter Paul Gerhardt hat vor 350 Jahren als älterer Mensch ein Lied geschrieben, das so beginnt: „Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand." Er meint, ich habe auf der Erde keinen langen Bestand. Ich bin nur für eine relativ kurze Zeit von ein paar Jahrzehnten zu Besuch. Dann muss ich wieder loslassen, dann endet mein Leben. Wenn ich aber ein Gast bin und nicht der Eigentümer und wenn wir die Erde von unseren Kindern geliehen haben, dann sollen wir sie auch wie gute Gäste behandeln, nicht randalieren und nichts zerstören.
In seinem Lied hat Paul Gerhardt auch gedichtet: „Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand, der Himmel soll mir werden, da ist mein Vaterland." Das ist heute nicht mehr so eindeutig. Wer rechnet schon mit dem Himmel und einem Leben nach dem Tod? Dabei hängst das doch miteinander zusammen: Das Leben nach dem Tod und die Frage, wie wir vorher gelebt haben.
Ich glaube, wer mit einem Leben nach dem Tod rechnet und damit, dass er einmal zur Verantwortung gezogen wird für das, was er hinterlässt, der wird aufmerksamer fragen: Was habe ich zum Leben geschenkt bekommen? Wie gehe ich mit dem, was mir geschenkt ist, liebevoll und pfleglich um? Wie kann ich mehr die wahrnehmen und unterstützen, die zu kurz gekommen sind?
Wer mit dem Himmel rechnet, muss auf der Erde nicht alles ausgenutzt haben. Er weiß, was genug ist, das ist genug und es soll noch genügend zum Leben übrig bleiben für unsere Kinder und Enkel. Denn die haben uns die Erde geliehen.

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