Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der Mensch darf Gott nicht ins Handwerk pfuschen. Den Satz habe ich oft gehört in letzter Zeit. Vor allem wenn es darum ging, wie der Mensch mit dem ungeborene Leben umgeht. Darf der Mensch im Labor Embryonen auf Erbkrankheiten untersuchen? Und dann den Embryo wegwerfen? Ist nicht Gott allein Herr über Leben und Tod? Gott ins Handwerk pfuschen? Mich irritiert dieser Satz. Da war unser ältestes Kind gerade mal ein Jahr alt und war krank. Ziemlich krank. Das Fieber ging nicht weg, und unsrem Kind ging's sichtlich schlechter. Wir haben den Kinderarzt gerufen und der hat uns geraten ins Krankhaus zu gehen. Da gab's dann Infusionen und die passenden Medikamente. Wir waren ziemlich froh, als wir unser Kind nach ein paar Tagen schon wieder quietschfidel mit nach Hause nehmen konnten. Haben wir da nicht auch Gott ins Handwerk gepfuscht, uns zum Herr über Leben und Tod aufgeschwungen? Noch vor zweihundert Jahren wäre unser Kind wahrscheinlich gestorben. Jetzt war die Krankheit gut in den Griff zu kriegen. Wie ist das also mit dem Handwerk Gottes? In den Schöpfungsgeschichten der Bibel ist ganz klar: Gott setzt den Menschen als seinen Stellvertreter ein. Er soll die gute Schöpfung Gottes verantwortlich fortführen. Deswegen wird der Mensch auch als Gottes Ebenbild beschrieben. Er bekommt von Gott die Aufgabe übertragen, wie ein ‚kleiner' Gott zu handeln. Dafür hat er Vernunft bekommen. Der Mensch pfuscht Gott nicht ins Handwerk, wenn er forscht und erprobt, sondern er erfüllt seinen ureigensten Auftrag. Es hieße dann Gott ins Handwerk zu pfuschen, wenn der Mensch seine Möglichkeiten nicht nutzt. Aber was soll der Mensch tun? Dafür schenkt ihm Gott die Gabe, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Was aber ist richtig oder falsch? Zum Beispiel im Umgang mit Embryonen? Das lässt sich nicht mit einem Verweis auf das Handwerk Gottes feststellen. Der Mensch selbst muss hier eine Position finden. Das nimmt uns keiner ab. Auch kein Gott.

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