SWR4 Abendgedanken BW

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Die schönste Freude ist die Vorfreude. Wenn man das Ziel der Vorfreude erreicht hat, dann verliert es oft seinen Reiz, sobald man es verkostet hat. Vorfreude auf Weihnachten gehört zur Adventszeit. Man hat noch Bilder und Eindrücke im Gedächtnis vom letzten Jahr, mit den Schneemassen, mit den Lichtern und mit manchen Begegnungen an den Weihnachtstagen. Und zugleich beginnt wieder die Spannung und die Erwartung, wie es in diesem Jahr werden wird.
Zur Vorfreudegehört auch, dass man sich vornimmt, dieses Mal solle manches anders und auch besser werden als im letzten Jahr. Weniger Hetze, weniger Ereignisse an einem Tag, mehr Ruhe und Zeit für andere und für mich selbst. „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir, o Gott." Diese Worte des Kirchenvaters Augustin beschreiben meine Situation. Meine Vorfreude und meine Wünsche sind noch ungeordnet, sie bereiten mir Unruhe und treiben mich um. Sie richten sich nicht nur auf die besonderen Begegnungen an den festlichen Tagen. Ich hoffe auch, dass es mich berührt, was in den biblischen Erzählungen über die Geburt des Kindes in der Krippe im Stall mitgeteilt wird. Da ist von Frieden die Rede, vom Frieden auf Erden und in mir selber - wie sehr brauchen wir den. Von der Nähe Gottes bei den Menschen - die möchte ich spüren gegenüber allen Zweifeln und aller Unsicherheit. Da gibt es ein helles Licht mitten in der Finsternis und einen Stern, der Menschen leitet. Dieses Licht ist mehr als alle hellen Beleuchtungen, in die jetzt alle Straßen getaucht sind. Damit ist Hilfe und Orientierung gemeint in den dunklen Stunden meines Lebens, wenn Einsamkeit sich breit macht und ich Gemeinschaft mit anderen suche. Zu den Weihnachterzählungen der Bibel gehören Menschen, die berührt wurden von dem Geschehen. Maria und Josef, die Hirten. Sie haben es nicht erwartet, sie waren auf ganz andere Dinge ausgerichtet, auf ihre Arbeit und auf das tägliche Überleben. Für sie war es eine besondere Begegnung mit Gott, die sie in die Zukunft begleitet hat.
Für dieses Jahr nehme ich mir vor, nach den Erfahrungen dieser Menschen zufragen. Ich will sehen, ob ich ähnliche Erfahrungen machen kann in den kommenden Weihnachtstagen. So ist meine Vorfreude voller Unruhe, aber auch voller Hoffnung und voller Erwartung. Vielleicht kann mich der Satz Augustins leiten: Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir, o Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11982
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