SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Karim ist 23 und arbeitet zurzeit in der Caritas-Schreinerei in Stuttgart. Diese Schreinerei gehört zur JAP. JAP - das steht für Jugendarbeitsprojekt der  Caritas Stuttgart. Hier werden junge Menschen aufgefangen, die aus der Bahn geworfen sind und keine guten Berufsaussichten haben. Durch verschiedene „Maßnahmen" versucht man die jungen Menschen fit zu machen für das Leben und fit für den Berufsalltag. 
"Die Arbeit mit Jugendlichen ist Beziehungsarbeit. Das kann sogar so weit gehen, dass ich meine Jungs oder Mädels morgen anrufe, um sie zu wecken", erzählt die Sozialarbeiterin. So ein persönliches coaching imponiert mir. Den Jugendlichen fehlen oft die so genannten „soft skills" - das bedeutet sie haben zu Hause keine Strukturen kennen gelernt. Oft wissen sie die einfachsten Regeln des Zusammenlebens nicht. Und manchmal sind sie einfach nur zu faul, um höflich, pünktlich oder verlässlich zu sein. Was macht junge Menschen fit fürs Leben? Lob, Anerkennung und Wertschätzung. Genau das haben sie in ihrem Leben selten oder noch nie gehört: "Das hast du gut gemacht, weiter so. Du kannst es. Du schaffst es." Karim zeigt mir sein neuestes Werkstück aus der Schreinerei. Überglücklich hält er sein Schatzkistchen in den Händen.  „Das habe ich für meine Wertsachen gemacht." "Sie lernen in ihre Fähigkeiten zu vertrauen, sie werden selbstbewusst und trauen sich wieder etwas zu", sagt die Sozialarbeiterin. "Wir wollen den jungen Menschen vermitteln, dass sie so wie sie sind, liebenswert sind, dass sie gebraucht werden und dass ihr Leben lebenswert ist." Neben der Schreinerei oder sozialen Ausbildungsberufe wie Altenpflege gehen die Mädchen und Jungs gemeinsam zum „Kickboxen". Auch das gehört dazu: Sie lernen hier in die eigene Körperkraft zu vertrauen und sie so zu nutzen, dass sie andere nicht verletzten, sondern sie selbst stark macht. "Nur so können sie aussteigen aus dem verquerten Kreislauf, indem sie selbst merken, dass sie etwas ändern müssen", erklärt die Trainerin. Zwar gibt es ab und an kleine Verletzungen, weil einer mal zu fest draufdrückt, aber danach wird ein fixes Ritual eingehalten: Sich beim anderen ernsthaft zu entschuldigen. "Das ist Respekt vor dem Nächsten und der erste Schritt in die richtige Richtung." Was für andere eher selbstverständlich ist, müssen diese Jugendlichen hart erarbeiten. Mit Ausdauer und leider auch vielen Rückschlägen fangen sie wieder an zu träumen, von einer besseren Zukunft, von einem Berufsziel, von einer Ausbildung. Karim hat mir erzählt, er will Pilot werden. Er ist zuversichtlich. Zurzeit arbeitet er noch am Flughafenbistro, aber er weiß, wenn er erst seinen Realabschluss in der Tasche hat, kann er es schaffen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11320
weiterlesen...