SWR2 Wort zum Sonntag

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Blut ist ein starkes Symbol für Leben. Auch in der Religion und da vielleicht besonders im Christentum. Ein starkes Symbol, aber auch ein schwieriges. Für mich auch. Aber manchmal kann es ja auch ein Gewinn sein, sich dem Schwierigen zu stellen und darüber nachzudenken. Warum ist „Blut" so ein starkes Symbol und was könnte es mir sagen? Als Symbol des christlichen Glaubens.
Das erste was mir dazu einfällt: Blut bedeutet Leben. Ganz elementar biologisch. Wer viel Blut verliert, dessen Leben gerät in Gefahr. Positiv betrachtet: Es ist ein großer Segen, dass Menschen für andere Blut spenden können. Das ist Lebensaustausch. Ein Mensch gibt beim Blut spenden von seinem Leben ab, damit das Leben eines anderen gerettet werden kann. So gesehen ist es eigentlich kein Wunder, dass Blut im christlichen Glauben so ein wichtiges Symbol werden konnte. Auch Jesus Christus hat sein Leben gegeben, heißt es. Damit andere etwas gewinnen für ihr Leben. Erlöst und geheilt leben können. Gott teilt sein Leben mit Menschen, das drückt das Wort „Blut" ganz sinnlich aus.
In einem zweiten Kontext ist mir das Wort „Blut" symbolisch geläufig: Sie kennen den Ausdruck: „So etwas Blutleeres, das ist doch schlimm." Reichlich umgangssprachlich ist dieser Ausdruck, aber auch stark. Und immer wird damit gesagt: Es ist zu wenig Leben darin. Ich kenne blutleere Filme, in denen die Figuren merkwürdig blass bleiben und unecht. Es gibt blutleere Wissenschaft, die sich in gebildeten Attitüden gefällt und sich vom wirklichen Leben fern hält. Und auch Glaube kann blutleer sein. Wenn er in Formeln erstarrt und Menschen keine Kraft in ihm finden, aus der sie leben können. Und auch das gibt es: Blutleeres Leben, das sich nach echtem Leben sehnt.
Ich kenne es bei mir und anderen: Innere Unruhe deutet oft auf solche Sehnsucht nach echtem Leben hin. Unzufriedenheit und das Gefühl von Leere, trotz eines Lebens, das seinen Gang geht. Vielleicht sogar ganz gefüllt erscheint. Lebenszeit, die ich nicht mit Leben, sondern mit Unterhaltung fülle, über die ich mich hinterher ärgere. Und mir sage, hätte ich doch was anderes gemacht. Ich habe nach Leben gesucht. Im Vordergründigen. Und es nicht gefunden.
Und dann sind da die Situationen, die auf andere Weise am Leben zehren. Abschiede von Menschen, die einem viel bedeutet haben und die nicht wieder kommen. Krankheit, Einsamkeit. Und ein Gefühl von Lebensmangel stellt sich ein.
Wie kommt wieder Leben ins Leben? Wie wird es quasi „blutvoll", auch wenn es dieses Wort vielleicht gar nicht gibt.
Durch Austausch von Leben, wenn Leben geteilt wird, so legt der christliche Glaube nahe. Leben ist Austausch. Von Beginn an. Zwei Menschen lieben einander und indem sie beisammen sind, teilt sich Gottes Schöpferkraft mit. Alles Leben kommt aus Gott.
Und auch wenn wir auf der Welt sind, ist Leben permanenter Austausch mit anderen. Wenn es egoistisch für sich ist, bleibt es blutleer.
So gesehen, kann ich gut verstehen, warum Blut ein so starkes Symbol im Christentum ist.
Jesu Leben war blutvoll. Er hat vorgelebt, wie echtes Leben geht. Ich kann mich von ihm dazu inspirieren lassen: Er hat seine Lebenskraft nicht für sich behalten. War da für andere. ZB. Für behinderte Menschen, dass sie sich geliebt fühlten. Er hat eine Frau vor einer grausamen Justiz bewahrt. Er hat vorgelebt, wie es gerecht zugeht zwischen Menschen. Er hat Menschen geheilt. Er hat mit Menschen fröhlich gefeiert. Leben ist Austausch. Und am Ende hat Jesus sein Leben gegeben. Sein Blut. Und auch damit gezeigt, dass Gott sein Leben mit uns tauscht. Davon kann ich leben. Daran kann ich glauben. Und wenn dieser Glaube in Fleisch und Blut übergeht, dann kommt Lebens ins Leben.

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