SWR2 Wort zum Tag

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Wozu ist die Kirche gut? Was bedeutet sie für einen Staat, der religiös neutral ist, und für eine Gesellschaft, in der es eine Vielzahl von Überzeugungen und Weltanschauungen gibt? Ist denn noch gerechtfertigt, dass die Kirchen in dieser Gesellschaft Möglichkeiten haben, die anderen Religionen und Weltanschauungen versagt bleiben? Entsprechen sie noch dem fortgesetzten Mitgliederschwund bei den großen Kirchen? Viele fragen so und denken z. B. an den Religionsunterricht in staatlichen Schulen, an die erheblichen staatliche Zuschüsse für die soziale Arbeit der Kirchen, nicht zuletzt an den Einzug der Kirchensteuer durch den Staat. - Man muss diese kritischen Anfragen ernst nehmen. In unserer pluralen Gesellschaft haben die Kirchen in ihrem Wirken tatsächlich keinen Alleinvertretungsanspruch.

 Wozu ist die Kirche in unserer Gesellschaft dann gut? Warum ihr besonderes Verhältnis zum weltanschaulich neutralen Staat? Ich denke daran, dass es Grundüberzeugungen und Maßstäbe für ethisches Handeln auch in unserer Gesellschaft gibt, die trotz der großen Vielfalt in ihr dennoch weitgehend gemeinsam sind. Von der unantastbaren Würde jedes Menschen sind auch die überzeugt, die keine Verbindung zur Kirche haben. Die Überzeugung, dass der Mensch frei ist und als solcher mitverantwortlich für das Zusammenleben, bestimmt unsere demokratische Ordnung. Das Bild vom Menschen in seiner Würde hat aber seine Wurzeln in der jüdisch-christlichen Tradition, im Glauben, dass jeder Mensch von Gott geschaffen und geliebt ist. Die Freiheit des einzelnen Menschen war bestimmendes Thema der Reformation; sie hat ihren Grund im Glauben, dass jeder Mensch von Gott voraussetzungslos angenommen wird, dadurch einen unmittelbaren Zugang zu Gott hat und so eine große Befreiung erlebt. Die Kirche hält diese Traditionen wach, vermittelt sie und verweist damit auf Voraussetzungen menschlichen Zusammenlebens, die der Staat nicht schaffen kann.

Ich denke auch daran, dass die Kirche den Staat vor allem im sozialen Bereich entlastet. Durch diakonische Einrichtungen und nicht zuletzt durch soziale Verantwortung in den Gemeinden erfahren Menschen in schwierigen Situationen ohne Ansehen der Person oder Weltanschauung Hilfe, wie sie der Staat nicht leisten kann. Auch wenn sich die Verhältnisse in der Kirche und in der Gesellschaft verändern sollten: durch ihre Verkündigung und durch die Zuwendung zu Menschen in Not wird die Kirche der Gesellschaft auch in Zukunft gut tun

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9965
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