Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Na, wie geht's?" Die Frage war mir einfach so herausgerutscht. Ich hab da gar nicht drüber nachgedacht. Aber dann hat mich mein Gegenüber zurückgefragt: „Hast Du Zeit? Dann kann ich Dir sagen, wie's mir geht!" - Ich musste ziemlich schlucken. Ich hatte die Frage „Wie geht's?" ‚nur so dahergesagt' - jetzt musste ich mir Zeit nehmen; zum Glück konnte ich's mir erlauben und es wurde ein richtig gutes Gespräch. Sie können mir glauben: Seit diesem Tag kommt mir die Frage: „Wie geht's?" nicht mehr als Floskel über die Lippen, nur so dahingesagt...
Sicher: Oft genug war diese Frage nur ein Zeichen, sie sollte einen kleinen Kontakt herstellen. Eine Antwort habe ich oft gar nicht erwartet. Höchstens die Standardantwort: „Gut - und dir?" Ich finde, die Frage „Na, wie geht's?" darf man nur stellen, wenn man mit einer echten Antwort rechnen kann. Ich kann mich ja auf die Probe stellen und mich selbst fragen: Interessiere ich mich dafür, wie es meinem Gesprächspartner geht? Zeige ich ihm, dass ich tatsächlich „ein Ohr für ihn" habe? Ich selbst habe schon mal erlebt, wie jemand zu mir gesagt hat: „Wie geht's? Gut? Na, schön!" Ich musste gar nicht antworten. Mein Bekannter hat Frage und Antwort übernommen. Ernst gemeint war die Frage also kaum. Dabei kann die Frage „Wie geht's?" Türen öffnen für einen ehrlichen Austausch. Für ein echtes Gespräch. Für einen Moment Vertrautheit. Ich erlebe immer wieder: Viele Menschen brauchen wirklich einen Zuhörer, bei dem sie frohe Erlebnisse erzählen, brauchen eine Zuhörerin, der sie ihren Schmerz oder ihre Traurigkeit anvertrauen können. Ob Ihnen oder mir heute irgendjemand die Frage stellen wird: „Na, wie geht's?"

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