SWR3 Gedanken

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Solche Januartage wie jetzt sind wohl immer matschgrau. Da machen Urlaubsplakate viel her: sattgrüne Palmen an einer Meeresbucht, ein Segelschiff schaukelt auf einem blitzblauen Ozean, eine Gruppe braungebrannter Menschen lacht unbekümmert vor einem antiken Tempel - Paradies so weit das Auge reicht.
Paradies im doppelten Sinn: eins, das ein besseres Leben verspricht und eins, das meist unerreichbar ist, zumindest mit normalem Geldbeutel und Terminplaner.
Ach ja, das Paradies! Laut Bibel ist es die erste Heimat des Menschen. Eine Heimat, die er verloren hat. Verloren, weil Adam und Eva die Idee hatten, mehr zu wollen, als vorgesehen war. Sie wissen schon, die Geschichte mit der Schlange und dem Apfel. Seit diesem vorhistorischen Rausschmiss aus dem Paradies, sehnen sich die Menschen dorthin zurück.
Aber vielleicht sind wir trotz matschgrauem Januar gar nicht so weit davon entfernt. Ich denke dabei nicht an die Malediven, griechische Inseln oder Feuerland. Vielleicht ist der Trick sich ganz auf unseren aktuellen Lebensraum einzulassen. Auf die bunten Seiten, die es ja auch hier gibt. Anstatt mich sehnsüchtig von Plakat zu Plakat und von Tagtraum zu Tagtraum zu hangeln, entdecke ich die kleinen Oasen in meinem eigenen Umfeld. Ohne noch mehr, noch anderes, noch schöneres zu wollen.
Ich sage ja zu dem, was nun mal so ist. Und vertraue darauf, dass Lebensqualität nicht vom Wetter oder dem Ambiente abhängt. Das Leben ist lebenswert, wenn ich es wertschätze. Das was ich habe. Das, was schon da ist, was andere mir geben, was ich selbst anderen geben kann. Da kommt dann doch einiges zusammen, bunt und lebendig - und lebenswert.
Klar - das Paradies in Gänze habe ich damit noch nicht gefunden, aber ich bin doch eine ganze Strecke näher dran. Näher jedenfalls als dem Urlaubsparadies auf dem Werbeplakat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9894
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