SWR2 Wort zum Tag

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Dieser Tage höre ich sehr häufig in Nachrichten und Magazinartikeln wie gefährdet weltweit das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist. Vor allem der Anschlag auf koptische Christen zum Jahreswechsel hat dieses Thema ins Zentrum des Interesses gerückt - in den Medien und in der Politik. Dabei geht es um Probleme, die uns Mitteleuropäer im Alltag deswegen wenig interessieren, weil wir nicht direkt betroffen sind. Wir sind es gewohnt, unsere religiösen Überzeugungen frei äußern zu können und auch dann nicht behelligt zu werden, wenn diese „ungewöhnlich" erscheinen. Auch Atheisten, oder Menschen, die sich vom Glauben lossagen, brauchen sich hier nicht zu fürchten. Dabei ist die Zeit noch gar nicht so lange her, in der dies anders war und es ging ein langer, schwerer Kampf voraus. Unzählige Menschen wurden verfolgt und erlitten unsagbares Leid - nur wegen ihres Glaubens. Die grausamen europäischen Religionskriege im 16. und 17. Jahrhundert brachten hier die Wende. So konnte es nicht weitergehen. Allen war klar: Die sinnlosen Gewalttaten im Namen des Glauben gehören beendet. Sie schaden nämlich allen. Der Papst und die katholischen Bischöfe gehören heute zu den Vorkämpfern für die Religionsfreiheit weltweit. Sie sind sich bewusst, wie schwer sich ihre eigene Kirche mit der Religionsfreiheit getan hat. Noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 60er Jahren setzte ein Umdenken ein. Hier bekannte die Kirche, was eigentlich zu den ältesten theologischen Überzeugungen zählt: Dass es keinen Zwang in Glaubensfragen geben kann. Und ich selbst weiß: Menschenrechten und Freiheiten fallen nicht vom Himmel. Wenn wir uns nicht beständig um sie kümmern, können sie schnell ausgehöhlt werden. Als Christ bin ich außerdem dazu angehalten, mich für die einzusetzen, denen es in Bezug auf die Menschenrechte nicht so gut geht wie mir selbst. Dies gilt für alle christlichen Schwestern und Brüder, die verfolgt werden - sei es in Nordkorea, Iran oder Usbekistan. Das gilt aber auch für Angehörige anderer Religionen. Auch und besonders für Muslime, die in unseren eigenen europäischen Gesellschaften immer wieder erleben müssen, wie sie ausgegrenzt oder benachteiligt werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9878
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