SWR2 Wort zum Tag

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Christsein kostet in Europa nicht viel. In Deutschland die Kirchensteuer. Und manchmal Diskussionen mit hartnäckigen Atheisten. Weltweit sieht das anders aus. Da kostet bis heute der Glaube das Leben. Der blutige Anschlag auf Kopten im ägyptischen Alexandria in der Neujahrsnacht hat das wieder einmal deutlich gemacht. Aber Alexandria ist kein Einzelfall. Im Irak ist die Lage so schlimm, dass viele Christen auswandern. Anschläge, wie das Blutbad in einer Kirche in Bagdad vor einem Vierteljahr und Morddrohungen tun das Ihrige. In Ländern wie Somalia ist die Lage ähnlich. Ein massenhafter Exodus der Christen hat hier eingesetzt. In Nordkorea werden Christen in Arbeitslager gesteckt. Ihr Glaube gilt als unsozialistisch. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen. Christlich glauben, das ist in über 50 Ländern der Erde lebensgefährlich. Lange Zeit ist mir das nicht bewusst gewesen. Dass im 21. Jahrhundert Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt und getötet werden, das habe ich verdrängt. Wollte ich nicht wahrhaben. Schließlich ist es das Recht jedes Menschen, seine Religion ausüben zu können. Lange Zeit konnte ich deshalb auch mit den Märtyrern wenig anfangen. Mit Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, weil sie glauben. So wie Sebastian. Heute erinnert die Kirche an diesen römischen Soldaten aus dem dritten Jahrhundert. Er muss seinen Glauben heimlich leben. Als Hauptmann der kaiserlichen Garde schützt er verfolgte Christen, bis er selbst enttarnt wird. Die Legende erzählt drastisch, was mit Sebastian passiert. Er wird an einen Baum gebunden und von Bogenschützen erschossen. Scheinbar. Sebastian überlebt schwer verwundet, wird gesund gepflegt. Und hat nichts Besseres zu tun, als erneut vor dem Kaiser zu erscheinen und von seinem Glauben zu erzählen. Sebastian endet totgepeitscht in den Abwasserkanälen Roms. Historisch ist die Sebastianslegende wohl so nicht haltbar. Sie fasst die Geschichten einiger unbekannter Märtyrer zusammen. Aber darüber hinaus erzählt sie auch davon, wie gefährlich Glaube sein kann. Im doppelten Sinne. Glauben ist gefährlich, weil er im schlimmsten Fall den Tod nach sich zieht. Glaube ist aber auch gefährlich für die anderen. Warum sonst würden Christen verfolgt, eingesperrt, getötet? Weil sie offensichtlich etwas haben oder wissen oder erfahren, durch dass sich Machthaber, eine Mehrheit, eine andere Religion bedroht oder herausgefordert fühlt. Würden alle den christlichen Glauben als harmlose Spinnerei abtun, gäbe es keinen Grund, Christen zu töten. Gefährlich in diesem Sinne ist, so meine ich, die Befreiungsbotschaft des christlichen Glaubens. Die Botschaft, dass Menschen frei sind und sich frei an Gott binden können. Und dass Gott aus allen Abhängigkeiten befreit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9857
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