Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren!
Das alte Kirchenlied von Joachim Neander ist noch immer eines meiner Lieblingslieder. Da kann ich richtig mitschmettern. Die Botschaft ist klar: Gott ist toll, und dafür soll er endlich einmal so richtig gelobt werden. Fünf Strophen lang.
Beim Singen kommt mir das ganz selbstverständlich über die Lippen. Aber wenn ich darüber nachdenke, dann finde ich es schon ungewöhnlich. Ein kleiner Mensch lobt den großen Gott. Ist das nicht anmaßend? Denn Loben funktioniert ansonsten doch eher anders herum: Lob wird von oben nach unten verteilt. Der Lehrer lobt die Schüler, die Chefin die Mitarbeiter. So geht das doch. Denn wenn ich lobe, dann urteile ich über andere, auch wenn es ein positives Urteil ist. Aber grundsätzlich gehören Lob und Tadel zusammen. Brauche ich dazu nicht eine Position, muss ich dafür nicht oben stehen? - Im Beruf mag das vielleicht so sein. Bei Gott aber ist das anders. Der lässt sich unglaublich gern loben und achtet dabei überhaupt nicht auf oben und unten. Ganz im Gegenteil: Da begegnen sich Gott und die Menschen auf Augenhöhe. Beim Loben darf es ruhig drunter und drüber gehen.
Vielleicht haben Sie auch schon mal gedacht: Typisch, dass es beim Glauben immer nur ums Loben geht, auch wenn es gar nichts zu loben gibt, immer heißt es „Augen zu und durch"! - Doch so naiv waren die Dichter unserer alten Kirchenlieder nicht. Vieles haben Sie Gott auch geklagt und vor die Füße geworfen. Joachim Neander zum Beispiel, der uns so schön „Lobe den Herren" singen lässt, hat früh seinen Vater verloren. Beruflich lief es auch alles andere als rund. Er hatte viel Grund zu klagen und hat das auch getan. Aber er hat auch gesehen: es ist nicht alles schrecklich. Gott hat sich mit uns und unserem Leben unendlich viel Mühe gegeben.
Wer sagen kann, was ihn bedrückt, der kann auch sagen, was ihn freut. Und wer sich freut und lobt, der soll nicht knauserig sein. Unser Chef im Himmel ist sehr empfänglich für ein Lob.
Deshalb kurz zusammengefasst eine Anleitung fürs Loben. Inspiriert von Joachim Neander und seinem Lied würde ich es so sagen:
Klage Gott heftig,
was dich bedrückt.
Doch lobe ihn kräftig,
wenn's Leben glückt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9852
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