SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Haben Sie auch schon angefangen, die Weihnachtssachen wieder wegzuräumen? Ich bin da immer ganz schnell. Wenn die Weihnachtstage vorbei sind, dann bleibt nur noch der Leuchter mit den drei Königen. Alles andere kommt in die Weihnachtskiste und wieder auf den Dachboden.
Ich finde, ich bin nicht in schlechter Gesellschaft mit meiner raschen Rückkehr in den Alltag. Im Weihnachtsevangelium heißt es von den Hirten, sie seien sofort wieder zurück zu ihren Herden, nachdem sie bei dem Kind gewesen waren. Dorthin waren sie gerannt, so schnell sie konnten. Sie erzählten allen, die da waren, was der Engel ihnen gesagt hatte, schauten das Kind an, und dann kehrten sie wieder um.
Schließlich, so stelle ich mir vor, hatten sie ihre Herden ohne Aufsicht zurückgelassen, waren weggelaufen von ihren Pflichten und Aufgaben. Das wartete alles auf sie bei der Rückkehr in ihren Alltag. Vermutlich war inzwischen nichts anders geworden: Die Schafe und Ziegen, die sie zu hüten hatten, waren noch da und sicherten auch künftig ihr Auskommen. Dass sie nichts galten in der Gesellschaft ihrer Zeit, war gewiss immer noch so, auch wenn die einen oder anderen vielleicht weitererzählten, welche besondere Erfahrung ausgerechnet diese Hirten gemacht hatten. Alles wie immer.
Alles? Eines hatte sich verändert: Sie selbst. Denn ihr Herz war ganz erfüllt mit Glück und Dankbarkeit. Weil es genauso war, wie es der Engel ihnen gesagt hatte.
Mit Glück und Dankbarkeit erfüllt sein: Ist es so nach den Weihnachtstagen? Oder bleibt eher in Erinnerung, dass in den Besuchen und Einladungen an diesen Tagen zu viel gegessen, zu viel geschenkt, zu viel geredet, zu viel von einander erwartet wurde? Weil man alles besonders gut machen will, kann einem das alles ein bisschen zu viel werden in diesen Tagen. Und dann ist man froh, wenn sie vorbei sind.
Vielleicht ist es nicht so verkehrt, sich an den Hirten ein Beispiel zu nehmen: Bei ihnen gibt es kein „Zuviel". Sie laufen hin, voller Freude und aufgeregt. Und nachdem sie das Gotteskind gesehen haben, können sie unverzüglich wieder in ihren Alltag zurückkehren. Sie müssen nicht noch mehr Besuche dort machen oder noch mal Geschenke bringen und bei all dem zuviel davon bekommen. Sie sind erfüllt mit Glück und Dankbarkeit. Sie haben so viel bekommen - es reicht bis in ihren Alltag hinein.
Vielleicht eignen sich diese Tage zwischen den Jahren ganz gut, um dem nachzuspüren, wie viel Glück und Dankbarkeit man in sich angesammelt hat. Damit es nicht aus Versehen mit dem „Zuviel" in die Weihnachtskiste auf den Dachboden wandert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9713
weiterlesen...