SWR3 Gedanken

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Josef ist auf der Flucht. Dabei hat seine Verlobte gerade einen Sohn geboren. Irgendwo in einem Stall, weit weg von Zuhause. Aber die kleine Familie kann sich nicht ausruhen. Sie müssen fliehen. Und zwar ins Ausland, weil sie nur dort sicher sind. So berichtet es die Bibel.
Was dort steht, ist alles andere als heile Weihnachtswelt und romantische Familienidylle. Aber es gehört zur Weihnachtsgeschichte.
Menschen auf der Flucht und weit weg von zuhause. Das ist nicht nur eine Erfahrung aus biblischen Zeiten.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hat erst kürzlich erschreckende Zahlen veröffentlicht: Weltweit sind im Jahr 2010 wieder über 43 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen. Auf der Flucht vor Hunger und Krieg oder einfach, weil sie einer Religion angehören, die in ihrem Land verboten ist.

Wir haben in diesem Jahr sehr intensiv über Zuwanderung und Integration diskutiert und gestritten. In diesem Streit ist viel von fehlender Integration die Rede. Von dem, was alles falsch läuft. So sind neue Abgrenzungen und neues Misstrauen entstanden. Sind wir aber dabei den Menschen, die aus guten Gründen in unser Land kommen, wirklich gerecht geworden? Und haben wir denen, die hier ihre Heimat haben, eine Brücke bauen können zu mehr Verständnis und zu einem fairen Miteinander?
Josef und seiner Familie sind im Ausland Menschen begegnet, die ihnen ohne Vorurteile einfach weiter geholfen haben. Ohne viel zu diskutieren und zu streiten.
Es ist an der Zeit, eine Kultur der Gastfreundschaft wieder zu entdecken und zu leben. Gastfreundschaft gehört zu den jüdisch-christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft. Und Gastfreundschaft ist auch im Islam eine wertvolle Einstellung zum Leben. Auch die Gastfreundschaft verbindet uns. Und das ist wichtiger als alles, was uns voneinander trennt.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9705
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