SWR3 Gedanken

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Ich kenne ein altes Ehepaar, das sich wunderbar ergänzt. Bruno ist körperlich fit, macht lange Spaziergänge und arbeitet noch gerne in seiner alten Schreinerwerkstatt. Leider ist er aber sehr vergesslich und manchmal schon etwas verwirrt. Bei Maria ist es genau andersrum. Sie ist geistig noch voll da. Macht Kreuzworträtsel und diskutiert gerne mit ihrer Nachbarin. Aber sie kann sich nur noch mit ihrem Rollstuhl fortbewegen. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Maria macht die Kopfarbeit: sie organisiert die Einkaufsliste, ruft Behörden an und lädt Freunde ein. Bruno erledigt die Fußarbeit: er geht mit Marias Liste einkaufen, er deckt den Tisch und holt ihr Sachen aus dem Keller. Die Nachbarn sagen immer: „Die Maria ist der Kopf und der Bruno der Fuß." Der Vergleich mit Kopf und Fuß ist ein uraltes Bild aus der Bibel. Der Apostel Paulus hat es gebraucht, um seine frisch gegründete Gemeinde in Korinth zur Einheit zu ermahnen. Dort waren nämlich Streitigkeiten ausgebrochen. Die einen hatten Geld, die anderen das Sagen. Die einen stammten aus Israel, die anderen aus Griechenland. Paulus schreibt: „Der menschliche Leib besteht aus vielen Gliedern. Der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht. Im Gegenteil, gerade die schwächeren Glieder des Leibes sind unentbehrlich. Gott hat den Leib so zusammengefügt, dass  alle Glieder füreinander sorgen." Ich muss immer wieder staunen, wie anschaulich Paulus schreibt. Klar, jeder soll das einbringen, was er gut kann. Und das ohne sich selbst zu wichtig zu nehmen. Paulus hatte mit seinem Tipp die christliche Urgemeinde in Korinth im Blick. Aber ich finde, dieses Prinzip lässt sich genauso gut anwenden auf Schulklassen, Nachbarschaften, oder ganze Staatengemeinschaften. Und natürlich auch ganz im Kleinen, so wie bei Maria und Bruno. Sie der Kopf, er der Fuß.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9690
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