SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

- begreifen können wir nicht, aber hinschauen, singen, erzählen. 

Nachdenken über die Botschaft von Weihnachten - ich bin verwundert, ich staune, auch Fragen und Zweifel kommen auf: Gott - Mensch geworden in Jesus von Nazareth. Gott hat sich „zur Kenntnis gebracht", er hat „ins Licht gerückt", wer er ist, durch seinen Sohn, (Eph 1,9; 3,9), so sagt es Paulus in wenigen Worten. Diese Worte klingen fremd; im buchstäblichen Sinne, wie aus einer anderen Welt. Und weil wir sie so knapp und dicht kaum ertragen und aushalten können, vernehmen wir ihre Botschaft an den kommenden Festtagen der Weihnachtszeit in Erzählungen, wir singen sie in Liedern, schauen sie an in Bildern. Wie viele Bilder gibt es von der Verkündigung des Engels an Maria, vom Traum des Josef, von Jesu Geburt, von den Hirten auf dem Feld, von den Weisen, die von weither gekommen sind? Alle diese Bilder veranschaulichen, was die Evangelien erzählen. Und sie zeigen immer neu auf ihre Weise, dass das, was sie zu sehen geben, nicht alles ist. Sie lenken unseren Blick auf so einfache Dinge wie das Kind, seine Eltern, den Stall, die Tiere, die Hirten, damit wir auf der Suche bleiben nach dem, was nicht gezeigt werden kann. Nicht anders ist es mit den weihnachtlichen Liedern. Sie sprechen vom fernen und vom nahen Gott, der Licht und Dunkel ist, Wort und Stille, der Leben ist und das Menschsein bis zum Tod nicht scheut. Seit dem uralten Lied, das uns im Brief an die Philipper überliefert ist, singen wir dieses Staunen immer wieder: das Staunen über einen Gott, der all unseren Vorstellungen widerspricht. „Jesus Christus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein. Er entäußerte sich, ... wurde den Menschen gleich". Nicht Gott nach unserem Bild: groß, stark, vollkommen. Nicht größer zu werden, mächtiger, reicher und stärker ist Gottes Neigung. Er wählt es, ein Mensch zu werden, schwach, sterblich, verletzlich, unscheinbar, klein, Kind eines Menschen. Schließlich sind da die Geschichten im Lukas- und im Matthäusevangelium, von Maria und Josef, die für die Geburt ihres Kindes einen Ort suchen. Als das Kind auf die Welt kommt, mitten in der Nacht in einer Hütte für Tiere, erleben sie ein Staunen. Es zeigt sich im Himmel in einem leuchtenden Stern und einem wunderbaren Gesang und auf der Erde in den Menschen, die sich von Licht und Gesang heranlocken lassen. Schauen, Singen, Erzählen, drei Möglichkeiten, von Dingen zu sprechen, über die wir staunen. Keine Belehrung drängt sich auf - ein Horizont öffnet sich weit. Wege zum Innehalten im Angesicht des Unbegreiflichen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9665
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