Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Dieses Mal reicht es für alle." Dieser Satz schwebt jedes Jahr über dem Weihnachtsfest, das die Gemeinschaft St. Egidio in Rom für die Obdachlosen der Stadt ausrichtet. Die Feier findet in einer Kirche statt, in der Basilika Santa Maria in Trastevere. Sie ist an Weihnachten voll mit Menschen, die an Tischen sitzen und bewirtet werden. Sie stehen nicht mit einem Napf an wie in der Suppenküche, sondern sie sind Gäste eines Festes. Die Tische sind reichlich gedeckt, diesmal kommt keiner zu kurz, jeder kann gelassen nehmen, was er möchte. Dieses Mal reicht es für alle. Bewusst erinnert die Gemeinschaft St. Egidio mit diesem Bild an ein anderes großes Essen: 5000 Menschen sind der Predigt Jesu in die Einöde gefolgt. Jetzt ist der Tag vorbei, sie haben einen langen Heimweg vor sich, aber nichts zu Essen. Die Jünger machen Jesus darauf aufmerksam. Seine lapidare Antwort: „Gebt ihr Ihnen zu essen." Leichter gesagt als getan. Denn alles, was die Jünger auftreiben können, sind fünf Brote und zwei Fische. Aber im Vertrauen auf Jesu Aufforderung fangen sie an zu verteilen - und wunderbarerweise reichen Brot und Fische für die fünftausend. Ja, es bleibt sogar noch eine Menge übrig. Auch dieses Mal reicht es für alle. Dabei schien es zunächst gar nicht zu reichen. Bei der Geburt Jesu reicht es nicht einmal für ein ordentliches Gasthaus, sondern nur für Stall und Krippe. Doch für Gott reicht das schon aus. Ihm reicht für den Anfang, dass sein Sohn so karg zur Welt kommt. Denn dieser kleine Anfang sollte große Folgen haben. Und es reichte für alle. Was in der Krippe so unscheinbar begann, wurde am Ende zum Heil für die ganze Welt. Auch für die Obdachlosen, die an Weihnachten bei St. Egidio zu Gast sind, ist es zunächst nur ein Anfang, nur ein Tag in einem langen Jahr. Aber es ist ein Anfang, der vielleicht Mut macht für mehr. Denn wenigstens an diesem Tag reicht es für alle.

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