SWR3 Gedanken

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Mein Navi kennt immer den schnellsten Weg. Umwege sind in der Software nicht vorgesehen, die muss ich dann schon selber eingeben. Mit dem Lebenslauf möchten manche von uns das ja ganz ähnlich haben, vor allem dann, wenn sie sich irgendwo bewerben wollen. Gradlinig soll er dann sein und möglichst keine Umwege enthalten. Die müsste man schließlich umständlich erklären. Schon viele unserer jungen Studenten haben das zutiefst verinnerlicht. Die meisten  Studienordnungen sehen nun mal keine Umwege vor. Wer sie macht oder machen muss, der riskiert schon mal Probleme. Zeit ist kostspielig und schnelles Durchkommen darum das marktgerechte Ziel. Studieren und Leben mit maximaler Effizienz.
Nur - das Leben ist nicht immer effizient und marktgerecht ist es schon gar nicht. Mancher kapiert das erst, wenn es fast zu spät ist. Weil ein schwerer Burn-out eine Auszeit erzwingt oder der Körper einfach streikt und krank wird. Und dann sitzt plötzlich die Angst im Nacken. Versagen gilt schließlich nicht. Hoch belastbar und stressresistent sollen wir schließlich sein. Doch ein Mensch ist kein Automat. In unserer Hochschulgemeinde müssen manche Studenten mitunter erst mal etwas anderes lernen als Mathematik oder Werkstoffkunde: Dass auch Scheitern zum Leben dazu gehört und dass sie sich genau das sogar erlauben dürfen. Eben darum, weil sie Menschen sind. Ja, dass es manchmal sogar sinnvoll sein kann, das innere Navi, das immer nur den kürzesten Weg sucht, mal auszuschalten und den Umweg ganz bewusst in Kauf zu nehmen. Nicht selten findet man auf dem nämlich erstaunliche Dinge. Solche, die man ohne das Scheitern womöglich nie entdeckt hätte.

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