Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Spekulatius, das ist der Klassiker unter den Weihnachtskeksen, mit Zimt und Mandeln. Und sie wurden traditionell heute gebacken, am Nikolaustag.
Spekulatius ist Latein. Und bedeutet dasselbe wie das griechische Wort Bischof. Ein Spekulatius oder ein Bischof, das ist einer, der „herumspekuliert", also herumschaut, einer, der genau hinschaut. Und so einer war der echte Nikolaus, der Bischof Nikolaus von Myra.
Sehen, aber nicht gesehen werden, war sein Motto. Deshalb hat er sich Lumpen übergeworfen und ist wie ein Tippelbruder, wie ein Berber um die Häuser gestrichen. Und bekam er Unglaubliches zu sehen.
Er sieht, wie zum Beispiel in einem Haus heftig gestritten wird. Ein Vater sagt seinen beiden Töchtern, sie müssten ab jetzt auf den Strich gehen. Sie müssten sich selber verkaufen, weil die Familie das Geld dringend braucht.
Ein normaler Bischof wäre sicher sofort aus seiner Deckung herausgekommen, hätte den Vater in den Senkel gestellt und die Töchter zur Tugend ermahnt. Aber Nikolaus war ein Spekulatius, Spekulatius war sein Beiname. Er hatte noch nicht genug spekuliert, nicht genug gesehen. Und so hörte er sich unerkannt die ganze Familiengeschichte an - eine furchtbare Tragödie, die nur durch eine Summe Geldes abgewendet werden konnte.
Am nächsten Abend schlich Nikolaus noch einmal um das Haus, legte das Geld vor die Tür und verschwand wieder.
Natürlich war die Freude in der Familie riesengroß. Der Alptraum war vorbei. Aber woher kam das Geld? Warum hat sich der Spender nicht zu erkennen gegeben? Und so schickten sie ihren Dank in den Himmel. Danke Gott, dass du uns einen Menschen geschickt hast, der uns geholfen hat. Danke für das Wunder.
Und das wollte Nikolaus. Dass sie nicht ihm danken oder irgendwelchen Umständen. Sondern dass sie ihren Dank dorthin schickten, wo er hingehört. In den Himmel.
Wenn heute Nikoläuse unerkannt um die Häuser streichen und Geschenke verteilen, dann geht es genau darum: Freude machen, und sich nicht mit dem Dank an irgendwen aufhalten, sondern ihn dorthin schicken, wo er hingehört- in den Himmel. Danke Gott, für den Menschen, der an mich gedacht hat- wer immer es war.

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