SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ich will ihr Trauern in Freude verwandeln - so lautet eine alte Verheißung der Bibel.
Aber - Wie kann Trauer sich in Freude verwandeln?
Wie wird es möglich, dass für einen trauernden Menschen das Leben andere Seiten zeigt als nur den Schmerz, das "Aus und Vorbei"?
Trauer kann sich verwandeln, wenn sie nicht erstarrt, sondern ins Fließen kommt.
Die Engländer haben dafür einen schönen Ausdruck: Having a good cry - ein gutes Weinen haben.
Richtig "gut" zu weinen, das erleichtert, das reinigt und bringt weiter. Und so ein gutes Weinen, das braucht Zeit, es braucht einen hilfreiche Umgebung, er braucht ehrliches Mit-Leiden und ab und auch eine Geste oder ein gutes Wort.
Und wenn der Schmerz heraus geweint ist, dann entsteht neben der Trauer auch wieder Raum für Freude, dann klärt sich de Blick für das Schöne im Leben.
Früher gab es in den Gottesdiensten der Christenheit eine feststehende Bitte um die Gabe der Tränen. Die Menschen wussten damals: Gott schenkt mit den Tränen etwas, das wir nur im Weinen bekommen können. Er schenkt die Hingabe an den Schmerz. Nur wenn ich meinen Tränen wirklich freien Lauf lasse, kann ich auch den Schmerz wieder loslassen.
Eigentlich ist Weinen ja die natürlichste Sache der Welt, genauso wie das Lachen. Aber mittlerweile gibt es eine lachfeindliche Kultur, eine Langeweile, die nichts mehr zum Lachen findet.
Und genauso gibt es auch einen Tränenfeindlichkeit. Sie hat ihre Wurzeln in falsch verstandener Tapferkeit, man schämt sich dann seiner Tränen. Oder auch in der Angst, Gefühle zu zeigen und dadurch verletzbar zu sein. Aber manchmal durchbricht das Weinen diese Starre, und das kann erschütternd und befreiend sein.
Als wir an Totensonntag in der Kirche die Namen der Verstorbenen verlasen, da geschah genau dieses: Menschen begannen zu weinen, laut und geradezu hemmungslos. Und die versammelte Gemeinde hielt es aus, ließ die nötige Zeit und bot den geschützten Raum für dieses Weinen.
Eine Frau legte einer Weinenden den Arm um die Schulter, hielt sie einfach fest.
Und viele haben es so empfunden: Es war alles andere als peinlich. Es war ein gutes, ein befreiendes und letztlich tröstendes Weinen. Ein Weinen, in dem Gott selbst zugegen war.
Vielleicht sind Sie im Moment sehr traurig und finden nicht in eine Gemeinschaft.
Dann ist es gut, wenn andere da sind, die für Sie beten - auch um die Gabe der Tränen, um ein gutes Weinen an einem geschützten Ort.
Damit der Schmerz ins Fließen kommt und sich in neue Lebenskraft verwandelt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9546
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