SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Die alten Griechen nannten die Menschen kurz und präzise „die Sterblichen". Die redeten nicht drumherum. Die Menschen, das waren die „Sterblichen" im Unterschied zu den Göttern, den Unsterblichen. Auf Schritt und Tritt waren die Menschen mit ihrem Namen konfrontiert, der sie daran erinnern sollte: dass sie diese Welt schließlich wieder zu verlassen hätten. Die einen früher, die anderen später.
Ach ja, wir sterben, wo wir gehen und stehn.
Hast du nicht selbst gesagt, dass es so sei?
Man wünscht, das sollte besser nicht geschehen.
Und doch gehört es hier zum Vielerlei.
heißt es in einem Gedicht von Durs Grünbein. Wir, die Sterblichen, müssen nicht erst bis zum Ende warten. Jeder Tag ist ein Tag weniger von dem, was uns zugedacht ist. Lieber wärs uns, wenn es nicht so wäre, na klar. Aber wir konnten es uns niemals aussuchen. Unter der Bedingung sind wir angetreten: Mit dem ersten Schrei, den wir auf dieser Welt getan haben, ist klar, dass es einmal einen Atemzug geben wird. Mit dem ersten Schritt, den wir hier wagen, ist klar, dass es einmal einen letzten geben wird.
Wir Menschen sind sterblich. Ohne Ausnahme. Auch wer das Glück hat, lange und gesund leben zu können, ist eines Tages an der Reihe. Denn wir alle sterben, wie es in dem Gedicht heißt, „an einer Sache, die wir mit den Körpern erben". Wir, die Sterblichen.
Der Tod betrifft immer nur die Menschen, die Götter nicht. So sahen das die alten Griechen. Die Christen aber erlebten mit Jesus Christus etwas anderes: Einen Gott, der geboren wurde wie ein Mensch und der genauso sterblich war. Einen Gott, der schließlich mit den Menschen den Sieg über den Tod geteilt hat. Wo wir gehen und stehen, da sterben wir. Aber wo wir gehen und stehen, glauben wir, dass der unsterbliche Gott sterblich wurde, damit wir, die Sterblichen, das ewige Leben haben.
Und so machen wir, die Sterblichen, immer einen Spagat: zwischen dem Wissen um unser Ende und der Hoffnung auf ein paar weitere Jahre oder Monate oder Wochen hier in diesem Leben. Zwischen dem Wissen um unser Ende und dem ganz irrwitzigen Glauben daran, dass es ein Leben nach dem Leben geben wird, in dem wir alle unsere Lieben wieder sehen werden. Keine leichte Übung. Aber wenn sie gelingt, ist sie ungemein tröstlich.     

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