SWR2 Wort zum Tag

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„Stayalive" - also: „bleib am Leben!" So heißt eine neue Internetseite. Ein vielversprechendes Angebot: „unsterblich werden, unbegrenzt  weiter leben - wenigstens digital, im Internet. "Stayalive" ist dabei anders gestaltet als die zahlreichen virtuellen Gedenkstätten oder digitalen Friedhöfe.Wer die Internetadresse „Stayalive.com" ansteuert, soll offenbar auch andere Assoziationen haben: Hier erinnert vieles an die so genannten sozialen Netzwerke. Jene Internetplattformen wie facebook, in denen vor allem junge Leute viel Freizeit verbringen, vernetzt mit Freunden, Bekannten und Kolleginnen. Oft überraschend offenherzig zeigen sie sich dort, veröffentlichen mehr oder minder peinliche Bilder, verraten Vorlieben und Interessen. Warum sollte das alles mit dem eigenen Tod plötzlich aufhören?  - werden sich die Macher von „Stayalive" wohl gedacht haben.
Die Botschaft und das Angebot von „Stayalive" finde ich erst einmal verführerisch: Ich habe es selbst in der Hand, welche Spuren ich  - zumindest im Internet - hinterlassen will. Ich kann meinen eigenen Nachruf schreiben. Meine Fotogalerie wird genau dem Bild entsprechen, das die Nachwelt von mir haben soll. Gibt's andere Tote, auf deren Internetseiten ich vernetzt, verlinkt sein will, so wie früher? Und wer soll mich betrauern?Zu all diesen Fragen kann ich eine eigene Internetseite gestalten. Im Todesfall wird sie dann frei geschaltet. Und „Stayalive" verschickt elektronisch meine Todesanzeigen an Freunde, Verwandte, Geschäftspartner.Die Macher von „Stayalive" haben ihr neues Internetangebot dieser Tage medienwirksam präsentiert. Ihre Philosophie: Stayalive ist die zeitgemäße Form, wie man den eigenen Tod mit der hochmobilen, globalisierten, Rund-um-die Uhr-Welt zusammenbringt!Vermutlich ganz ungewollt hat „Stayalive" dabei eine ganz traditionelle Botschaft: Memento mori, Gedenke, dass Du sterblich bist! Beschäftige dich mit Deinem Sterben und Tod. Kümmer Dich gefälligst!Auch der November scheint sehr gut gewählt, um „Stayalive" zu präsentieren: der November, der Monat des Totengedenkens - Allerseelen, Totensonntag oder Ewigkeitssonntag.Allerdings, die Botschaft dieser Tage ist eine etwas andere! Wir Lebenden gedenken der Toten. Wir denken an diejenigen, denen wir in unserem Leben irgendwie verbunden waren, aber auch an die, die wir nie gekannt haben. Und wir erhoffen für sie alle das ewige Leben: ein Leben in einer anderen Wirklichkeit, ein Leben in und bei Gott. Dieses Ewige Leben hat damit nichts mit  „Stayalive" zu tun. Und meint schon gar nicht Unsterblichkeit, um die ich mich selbst kümmern muss.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9509
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