Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute ist wieder Martinstag. Berühmt wurde Martin, weil er seinen Mantel in zwei Stücke geschnitten und die eine Hälfte einem Bettler geschenkt hat. Später wurde Martin Bischof und ein einflussreicher Mann.
Noch immer setzt Martin sich für die Armen ein. Nur teilt er jetzt nicht mehr seinen Mantel, sondern spricht mit den Mächtigen. Weil die etwas für die Armen tun können! Mit Martin ist dabei nicht zu spaßen. Er kann sehr überzeugend sein. So mancher Politiker hat das schon zu spüren bekommen und hat Martin mehr versprochen, als er eigentlich wollte. So ging das sogar dem Kaiser.
Doch heute will er hart bleiben. Schluss mit dem Gesülze! Mit dem Geld in der Staatskasse lässt sich besseres anfangen, denkt er und beschließt, Bischof Martin höchst ungnädig zu empfangen. Dieses Mal wird er auf seinem Thron sitzen bleiben und Martin im wahrsten Sinne des Wortes von oben herab behandeln. Gar nicht erst ein Gespräch über Armut anfangen.
Martin wird in den Thronsaal geführt. Er sieht den Kaiser unbeweglich auf seinem Thron sitzen. Ein Dialog auf Augenhöhe sieht anders aus, denkt sich Martin und bleibt erst einmal an der Tür stehen. Dann spricht ein kurzes Stoßgebet. Herr, hilf mir doch, dass ich mit dem Kaiser vernünftig reden kann! Schließlich geht er auf den Kaiser zu. Der ist immer noch fest entschlossen. Sitzen bleiben, Ruhe bewahren, kühle Distanz. Doch auf einmal fängt der Kaiser an zu schwitzen. Ihm wird ganz heiß. Denn sein Thron glüht und dampft. „Dieser Stuhl ist mir zu heiß," sagt er sich, springt auf und kommt herunter zu Martin. Martin strahlt. Jetzt können die beiden sich unterhalten. Über Martins Lieblingsthema: Hilfe für die Armen. Schlechte Karten für den Kaiser, denn Martin kann sehr überzeugend sein.
Zu Ehren von Bischof Martin finden heute wieder viele Umzüge im ganzen Land statt. Groß und klein läuft mit Laterne durch die Straßen. Gut, wenn es Menschen gibt, die sich für die Armen einsetzen und anderen Feuer unter dem Hintern machen. Gut, wenn es auch uns nicht auf unseren Stühlen hält.

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