SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Steh auf, nimm dein Bett und geh!"
Das ist für mich ein faszinierender Satz im Neuen Testament. Markus erzählt die Geschichte von einem Gelähmten, der von vier Freunden zu Jesus gebracht wird. Viele Menschen versperren ihnen den Weg zu dem Haus, in dem Jesus lehrt. Das schreckt aber die Freunde nicht ab. Sie sind erfinderisch, decken das Dach ab und lassen den Gelähmten auf einer Matte herab, direkt Jesus vor die Füße. Jesus sieht ihren Glauben und hilft dem Gelähmten wieder auf die Beine. Er sagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!" So erzählt es Markus.
Was kann einen Menschen so lähmen, so niederdrücken und unfrei machen, dass er seinen Weg nicht mehr unter die Füße nehmen kann?
Als lähmend können Trennungen und Verluste, seelische Not und Einsamkeit, Enttäuschungen und das Gefühl der Verlassenheit erfahren werden. Es gibt Zeiten im Leben, wo ein Mensch wie gelähmt, wie erstarrt ist, wo sich nichts mehr zu bewegen scheint. Ich kenne diese Lähmung im Dasein, die der Tod auslöst, diesen Rückzug nach innen, das Verstummen dessen, was das Leben ausgemacht hat. Es ist lähmend, wenn dem Leben plötzlich der Zauber fehlt und die Neugier auf das eigene Leben.
Gut ist, wenn einen Freunde in verwundeter Zeit nicht allein lassen, wenn sie helfen, dass wir in Verlusten nicht verdorren, sondern den Weg zurück ins Leben finden. Wenn Freunde Leid mittragen, quasi mich aus meiner Lähmung herausholen, kann ich neue Lebensperspektiven gewinnen, so dass ich mein Bett nehme und gehen lerne, meine verschütteten Lebensquellen wieder spüre.
Geh, sagt Jesus. Das meint: Lebe auch mit deiner Krankheit, deiner Not, deinem Leid, deinen Problemen. Lass hinter dir, was dich lähmt und niederdrückt! Nimm dein Leben in die Hand. Werde neugierig auf das, was vor dir liegt. Steh auf und geh! Du kannst deine Lähmungen ablegen, an Verlusten auch wachsen. Du kannst aufstehen, mit dem leben, was war und doch nach vorne gehen.
Diese Geschichte, die Markus erzählt, ist für mich eine Auferstehungsgeschichte, die Auferstehung eines Menschen mitten im Leben. Ein Mensch ist gelähmt, kann nicht mehr. Verlust und Trauer haben ihn niedergedrückt. Und da bekommt einer, der nicht mehr gehen kann oder nicht mehr gehen will, der in seine Krankheit eingesperrt war, sein Leben wieder in den Griff. Seine Lähmung verschwindet, er lernt, den eigenen Weg unter die Füße zu nehmen. Er nimmt sein Bett und geht.

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