SWR3 Gedanken

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 Auf den ersten Blick ein ganz normales Hotel: das Hotel „Anne-Sophie" in Künzelsau bei Heilbronn. Ein altes Fachwerkhaus direkt gegenüber vom Schloss. Liebevoll renoviert mit elegantem Wintergarten.
Betrete ich das Hotel, dann kann es gut sein, dass mich Menschen mit Behinderung bedienen. Sie arbeiten am Empfang, in der Küche oder im Service. Sogar eine Lehre können sie hier machen.
Evi zum Beispiel. Sie ist geistig behindert. Früher hat sie in einer Beschützenden Werkstätte gearbeitet. Die neue Arbeit im Hotel Anne-Sophie macht ihr so viel Spaß, dass sie jeden Morgen eineinhalb Stunden Pendeln in Kauf nimmt. Evi ist begeistert von ihrem neuen Arbeitsplatz. Sie sagt: „Früher war´s mir oft langweilig. Immer die gleichen Leute, immer die gleiche Arbeit. Jetzt darf ich im Restaurant arbeiten. Und ich bin selbst für meinen Kellnergeldbeutel verantwortlich."
Die Idee zu diesem ganz besonderen Hotel hatte Carmen Würth, selbst Mutter eines schwer hirnkranken Kindes. Ihr großer Traum war ein Hotel, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammen arbeiten. Am Anfang verlief längst nicht alles reibungslos. Sowohl behinderte als auch nicht behinderte Angestellte mussten erst einmal lernen, miteinander umzugehen. Und sie mussten ganz schön kämpfen bis das Hotel von den Kunden als vollwertig akzeptiert wurde.
Inzwischen ist das Hotel Anne-Sophie ein renommiertes Haus mit gehobener Regionalküche und komfortabeln Zimmern. Und die kleinen Fehler, die den Angestellten ab und zu unterlaufen gehören fast schon zum Charme des Hauses. Carmen Würth ist glücklich, dass ihre Idee aufgeht. Aber irgendwie hat sie´s geahnt. Sie sagt: „Eine gute Idee entsteht nämlich nicht im Kopf, sondern sie kommt aus dem Herzen."  Aufs eigene Herz hören - das ist nicht immer leicht. Kostet manchmal Überwindung und harte Arbeit. Aber es kommt meistens etwas Gutes dabei raus.

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