SWR2 Wort zum Tag

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Kürbis und Tomaten, Sonnenblumen, Kartoffeln und Weintrauben - ich spreche nicht vom Wochenmarkt, nein, ich habe das Bild vom Erntedankfest vor mir. In vielen Kirchen ist in diesen Tagen um den Altar herum aufgebaut, was der Herbst zu bieten hat. „Die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit", heißt es dazu treffend im Gebet zur Gabenbereitung. Christen sind Menschen, die danken können und diese Kunst pflegen. Jüngst in Tirol hörte ich, wie der Pfarrer ausdrücklich für das Vieh betete und natürlich um gute Ernte. Und er betete, dass Blitz, Hagel und Unwetter fern bleiben.
Im Zentrum, mitten in den Gaben der Schöpfung, steht der Altar mit Brot und Wein. Einladend wie Früchte klingt das Wort Jesu, immer neu überraschend: „Nehmt und esst alle davon: das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird." Da zeigt er sich offen wie keiner: das ist mein Leib, das ist mein Herzblut, so bin ich für euch. Verschwenderisch macht er sich zugänglich. In seinem Leib und Blut steht er zur Verfügung, in seinem ganzen Leben also und in seinem Tod. Unter den Gaben, für die es zu danken gilt, ist dieser Jesus die größte: das Gottesgeschenk schlechthin. Was würde der Welt fehlen, wenn es ihn nicht gäbe? Damals setzte er sich mit armen Schluckern an einen Tisch, und nicht nur mit ihnen. Er teilte die verfügbaren Gaben, und dankte dafür. Immer war dann genug da. Denn Gott lässt seine Sonne aufgehen über allen. Von diesem Reichtum war Jesus überzeugt, den teilte er aus, dafür setzte er sich ein. Heute wäre er an einer jener Tafeln zu finden, wo für Arme zu essen ausgeteilt wird - und eben zwischen Kürbis und Tomaten, um den Altar mit Brot und Wein. Christsein hat viel mit Erntedank zu tun, vielleicht alles. Wir danken für das Gottesgeschenk aus Nazareth. Seine Einladung gilt allen, großzügig und verschwenderisch wie er war, wie sein Gott: „ Nehmt und esst, das ist mein Leib"...So sprechen nur Liebende, und so verhalten sie sich. Mit Haut und Haar sind sie füreinander da, und freuen sich des Lebens. Und sie vergessen das Danken nicht, und das Teilen. Wann endlich wird es dieses Erntedankfest überall geben und nicht nur in Gottesdiensten und anderen Liebesgeschichten? Wann endlich wird Jesu Haltung universal sein, für euch und für alle? Mit jedem ehrlichen Dankeschön kann es beginnen, mit jedem „Gott sei Dank".

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9297
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