Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Viele sind gekommen, um die neuen Glocken des Stadtteils zu segnen. Jahrelang haben sie gespart und verhandelt, damit in ihrer Gemeinde Glocken läuten können. Doch im Vorfeld waren auch kritische Stimmen zu hören: „Hätte man das Geld nicht besser anlegen können? Gibt´s nicht wichtigere Projekte, für die sich eine Gemeinde einsetzen kann?" „Ich bin froh, nicht in der Nähe des Kirchturms zu wohnen und zu den unmöglichsten Zeiten durch den Krach gestört zu werden," stellt ein anderer fest. Sind die Glocken unnötig? Gar störend? Ich finde, Glocken wollen vor allem eins: einladen! In vielen Orten läuten sie am frühen Morgen, zur Mittagszeit und am Abend. Sie läuten, wenn die Gemeinde sich zum Gottesdienst trifft, wenn ein Kind getauft wird, zwei Menschen sich trauen und heiraten, wenn jemand im Ort gestorben ist. Sie laden ein, zu danken, zu bitten, zu trauern, zu beten. Sie laden ein, das Leben an die große Glocke zu hängen. Das Leben und auch den Glauben. Beides gehört an die große Glocke. Denn jedes Glockengeläut erinnert uns daran, dass Gott unser Leben begleitet, wenn wir froh und dankbar sind. Und dass Gott uns stärkt und schützt, wenn wir bedrückt und ratlos sind. Von diesem Glauben erzählen uns die Glocken und sie laden ein, diesen Glauben zusammen mit anderen zu feiern und zu stärken. Eine alte Frau hat mir erzählt, wie sehr sie sich freut, wenn sie die Glocken läuten hört. Schon lange kann sie nicht mehr zur Kirche gehen, aber wenn sie die Glocken hört, fühlt sie sich verbunden mit denen, die in der Gemeinde beten, heiraten oder sterben. Sie fühlt sich nicht so allein.
Daran musste ich bei der Glockenweihe denken als wir gebetet haben: „Segne alle, zu denen der Ruf dieser Glocken dringen wird!" Die alte Frau, da bin ich mir sicher, hat diesen Segen empfangen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9202
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