Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Mein fünfjähriger Neffe aus Österreich spielt mit seiner besten Freundin. Plötzlich fragt er sie:

„Anna-Lena, wen heiratst mal?"
Sie hebt den Kopf und zeigt auf ihn: „Di."
Mein Neffe: „Na, I heirat´ den Max."
Anna-Lena überlegt kurz. Dann sagt sie: „Aber dann könnt's keine Kinder kriegen."
„Doch!"
„Na!"
„Doch!"
„Na!",  usw. ...
Schließlich mein Neffe: „I mag jetzt nimmer drüber redn."

Ich fand diese Unterhaltung köstlich. Ich gebe zu, für einen kurzen Augenblick schoss mir durch den Kopf: „Typisch Mann! Kaum wird´s schwierig, schon wird das Gespräch abgebrochen. Und das schon mit fünf Jahren!"

Aber dann kam es mir auch sehr weise vor: Hier merkt einer, dass er nicht weiter kommt und beendet das Gespräch einfach ganz friedlich.

Ich erinnere mich an so viele Streitgespräche, in denen keiner tiefgründig informiert ist, und doch wird heftig weiter gestritten. Anstatt dass man sich darauf einigt: Lasst uns ein andermal weiter reden, wenn jeder sich schlau gemacht hat. Also im Neffenchargon: „I mag jetzt nimmer drüber redn", statt sinnlos aufeinander einzudreschen.

Und da ist noch etwas. Eine psychologische Studie hat herausgefunden:
nach einem Gespräch erinnern sich die meisten vor allem an das, was sie selber gesagt haben. Was die anderen sagen wird oft kaum gehört und schnell vergessen.

Schade, eigentlich. Denn es geht so viel verloren, wenn wir nur uns selber zuhören. Auch da gewinne ich viel aus diesem kurzen Kindergespräch:

Da stellt ein Kind eine interessierte Frage: Wen heiratest du? Und es will wirklich eine Antwort wissen. Und der Gefragte reagiert darauf und es gibt ein echtes hin und her. Und als das Gespräch nicht weiterführt, wird es friedlich beendet: „I mag jetzt nimmer drüber redn." Das nenne ich freundlich zugewandt!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9125
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