SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Vier Kinder in allen Stadien der Pubertät: Da können Eltern schon was erleben.
Neulich war wieder Streit: Eines der Mädchen putzt gern mit spitzen Kommentaren ihre kleine Schwester herunter. Nach wiederholten freundlichen Bitten mussten die Eltern sie scharf zurechtweisen und sagten, sie solle jetzt endlich den Mund halten.
Daraufhin beleidigtes Schweigen, volle zwei Tage lang. Rückzug in den Trotz: Meine Eltern verbieten mir den Mund, also rede ich gar nicht mehr mit ihnen.
Die bösen Eltern seufzten innerlich gequält - das Ziel, ein schlechtes Gewissen zu wecken, hatte sie doch erreicht. Endlich taten sie den ersten Schritt, durchbrachen die Mauer des Schweigens, gingen auf sie zu, entschuldigten sich - obwohl der Streitpunkt eindeutig auf ihrer Seite lag. Sie taten es und tun es wieder, wohl wissend, dass sie, die Erwachsenen, diesen Schritt tun müssen.
Ich dachte darüber nach, dass es in der Beziehung mit Gott ähnlich ist. Auch erwachsene Menschen verhalten sich oft pubertär, übertreten die Gebote, die doch eigentlich nur vernünftig sind. "Habe ich nicht ein Recht darauf, mir zu nehmen, was andere mir vorenthalten? Muss ich denn wirklich immer die Wahrheit sagen, wenn es sonst kaum jemand tut?"
Wenn Menschen sich von Gott und seinen Geboten eingeengt fühlen, können sie sehr empfindlich, ja bockig werden. Gott als Helfer und Glücklichmacher, das geht in Ordnung. Aber Gott als Erzieher, als Lehrer? Da knallen die Türen, da wird trotzig geschwiegen, wenn Gott etwa nicht genauso reagiert, wie es den pubertären Wünschen entspricht.
Und was tut Gott? Die Bibel erzählt, dass Gott wie ein Erwachsener handelt. Er sucht das Gespräch, er wirbt um Verständnis, er sagt im Konfliktfall aber auch sehr deutlich seine Meinung. Aber wenn Menschen sich von ihm abwenden, zieht er sich nicht zurück. Er überwindet seinen Stolz, Er tut den ersten Schritt. Bewegend finde ich, wie Gott sich bei den Menschen quasi entschuldigt und so die Verbindung, den Bund wieder herstellt. Ich will nicht mehr strafen, ich kann nicht mehr böse sein, ja, ich nehme die Schuld auf mich.
Jesus Christus steht für diese Entschuldigung Gottes.
Und wenn immer ich mich beleidigt in mein Zimmer verkrochen habe, wird er es sein, der einen neuen Anfang macht. Ein Wort, das mich aufhorchen lässt, oder, wie neulich, der offene Brief eines Menschen, der mich wieder klar blicken lässt.
Gott kann das, er ist schließlich erwachsen.

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