SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Manchmal können einen uralte Dinge direkt ansprechen und berühren. Der Jazz-Sängerin Sarah Kaiser ist das so gegangen mit Liedern von einem gewissen Paul Gerhardt. Kirchenlieder hat er geschrieben. Uralte Musik – meine Konfirmanden sprechen von „Oma-Musik“.
„Wie kommt eigentlich so eine junge Großstädterin“, habe ich sie gefragt, „aufgewachsen mit Hip-Hop, Soul, Rythm & Blues, Studium in New York, wie kommt eine Jazzmusikerin ausgerechnet zu Paul Gerhardt, dem Kirchenliederdichter der Barockzeit?“
Paul Gerhardt lebte während des barbarischen 30-jährigen Kriegs. Hunger, Pest und Pocken, die Übergriffe von Soldaten. Mit 12 hat Paul Gerhardt den Vater, mit 14 die Mutter verloren. Paul Gerhardt wurde Pfarrer, er heiratete, aber von seinen fünf Kindern musst das Paar vier begraben, als einziger überlebte der Sohn Paul Friedrich die Eltern. Und da schreibt und dichtet Paul Gerhardt ganz tröstliche Lieder, wie »Gib dich zufrieden und sei stille« – mit einem grenzenlosen Gottvertrauen. Eigentlich ist das gar nicht verständlich.
„Für mich war dieses Lied »Gib dich zufrieden« das Schlüsselerlebnis,“ hat mir Sarah Kaiser geantwortet. „Ich weiß noch, ich saß zuhause, war auf der Suche nach Texten und dachte: Das ist ja meine Geschichte! Hab ich sehr stark empfunden. Dieses »Gib dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens! In ihm ruht aller Freuden Fülle, ohn’ ihn mühst du dich vergebens.« In einer Zeit, in der ich selber unzufrieden war, Sehnsüchte hatte, die in dem Moment für mich unerfüllt waren, und wo ich damit umgehen musste, da hat mich dieses Lied sehr stark berührt. Und es war,“ fügt sie hinzu, „als ob Gott selber zu mir spricht.“
Heute vor 400 Jahren ist Paul Gerhardt geboren. Fast unglaublich, seine Wirkung. Unglaublich anrührend. Und tröstlich. Immer wieder. „Als würde zu mir geredet.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=897
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