SWR2 Wort zum Tag

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In den meisten elektronischen Geräten stecken heutzutage Rohstoffe, die unter unmenschlichen Bedingungen gewonnen werden. Ein Beispiel: Tantal. Zu einem großen Prozentsatz stammt es aus dem Osten Kongos. Bewaffnete Gruppen kontrollieren die Minen und zwingen auf brutalste Art und Weise Männer, Frauen und Kinder zum Abbau des wertvollen Rohstoffes. Der wird dann auf dem Weltmarkt zu Dumpingpreisen verhökert.
Wenn ich das weiß, dann muss ich mich fragen: Was kann ich tun? Und ich weiß ganz genau, dass im Grunde genommen die Antwort auf diese Frage ganz einfach ist. Weil ich weiß, dass Tantal unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut wird, muss ich dafür sorgen, dass ich kein Tantal brauche. Damit ich die Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen nicht unterstütze.
Aber so leicht ist das nicht. Schon der Apostel Paulus sagt: „Ich kenne das Gute und tue es doch nicht." Und er formuliert damit ein Problem, das so ziemlich jede und jeder kennt. Eigentlich weiß ich ja, was richtig ist, aber immer wieder bekomme ich es leider nicht hin, dieses Richtige auch zu tun. Aber in unserer komplexen und globalen Welt kommt ein zweites Problem hinzu. Denn, was ist denn das Gute, das Richtige, wenn es um den Abbau von Tantal geht? Soll ich keine Handys kaufen? Soll ich auf alle Elektronik verzichten? Eine solche Forderung wäre naiv. Viele brauchen ein Mobiltelefon. Nicht wenige Arbeitgeber verlangen, dass ihre Angestellten erreichbar sind. Und auf Computer können wir heute erst recht nicht verzichten.
Was soll ich dann aber tun? Hier kann mir dann doch der Apostel Paulus weiterhelfen. Wenn er sagt: „Ich kenne das Gute und tue es doch nicht," dann meint er auch: Ich muss das Gute entdecken, es sozusagen kennen lernen. Denn das kann jeder Mensch, davon ist auch Paulus überzeugt. Also: wenn ich kreativ bin, ein Problem auch einmal aus neuer Perspektive betrachte, dann kann ich das Gute erkennen. Es liegt vielleicht nicht direkt auf der Hand, sondern ich muss mir das Gute erarbeiten. Wie könnte das im Fall von Tantal aussehen? Ich kann mir überlegen, was ich selbst ganz konkret unternehmen kann. Eine Möglichkeit: Ich kann den Abbau von Tantal und die Ausbeutung von Menschen im Kongo zum Thema machen. Mich an die Computer- und Handyhersteller wenden und sie fragen, woher sie ihr Tantal beziehen. Druck machen. Den Hersteller wechseln. Und ich kann auch andere, zum Beispiel Politiker, auf das Thema aufmerksam machen.
Wenn Paulus sagt: „Ich kenne das Gute und tue es doch nicht," dann will er mich vor allem dazu motivieren, das Gute zu suchen und zu tun. Und nicht einfach zu resignieren, weil ich ja doch nichts ändern kann. Sondern mich selbst und mein Handeln ernst nehmen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8961
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