SWR4 Abendgedanken RP

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Sommer, Sonne, blühende Gärten, blühende Parks, die evangelische Kirchengemeinde Engelstadt in Rheinhessen lädt im Sommer zu Gottesdiensten in private Gärten, in den Park oder den Friedhof ein, mit großem Erfolg. Den eigenen Garten öffnen, um die Nachbarschaft und die ganze Gemeinde zu empfangen und miteinander Gottes Schöpfung zu feiern, das ist das Ziel dieser außerordentlichen Gottesdienste.

Teil I
Heute von den Gottesdiensten im Freien am ungewohnten Ort, in den privaten Gärten oder auf dem Friedhof der Gemeinde Engelstadt in Rheinhessen, der kürzlich wunderbar parkähnlich umgestaltet wurde. Wie kam Pfarrer Hartmut Lotz auf die Idee?

Hartmut Lotz: Die Idee stammt aus dem Jahr 2005, zusammen mit meiner damaligen Vikarin ging es dadrum, im Sommer besondere Angebote für die Gemeinde zu machen, die etwas von dem normalen Gottesdienstgeschehen abweichen.

Und beim Sammeln von Ideen blieb es nicht stehen. Beispiele von Gartengottesdiensten aus Norddeutschland ermutigten Pfarrer und Vikarin. Sie dachten sich:

Hartmut Lotz: Vielleicht könnt man das machen, dass wir das hier auch in Privatgärten einmal anbieten, wäre ‚ne schöne Idee. Und wir haben's versucht und wir hatten sofort vier oder fünf Angebote von Menschen, die gesagt haben: Ach, das find ich ja wunderbar, dass endlich mal ‚en Gottesdienst bei mir zu Hause stattfinden kann.

Und was könnte das Besondere an diesen Gottesdiensten sein, was ist das, was Menschen besonders im Gottes freier Natur anspricht, habe ich Pfarrer Lotz gefragt.

Hartmut Lotz: Das Besondere liegt darin, dass wir tatsächlich Gottesdienst feiern an Orten, die Menschen selbst auch heilig sind, die Gartengrundstücke sind sehr sehr schön gepflegt in einem wunderbaren Zustand und Menschen haben ja diese Gärten als Rekreationsraum geschaffen.

Und die Idee hatte Erfolg, Hartmut Lotz, der Kirchenvorstand, die Kirchengemeinde, sie waren alle überrascht, welche große Resonanz diese Idee gefundet hat.

Hartmut Lotz: Zu diesen Gottesdiensten kommen in aller Regel hier im Dorf zwischen 60 und 100 Personen. Das bedeutet, wir haben eine ganz andere Gottesdienstbesucherzahl wie in den normalen Sommergottesdiensten, wo es ja doch eher weniger wird. Und das liegt sicherlich dadran, dass diese Gärten Anziehungspunkt bieten, es ist etwas fürs Auge, es ist zugleich etwas, wo die Botschaft von Gott dem Schöpfer noch einmal ganz anders zum Klingen kommt, wenn ich tatsächlich eine wunderbare gestaltete Natur vor mir habe.

Den letzten Gartengottesdienst hat Pfarrer Lotz mit Hans Inks vorbereitet, der seinen Garten dafür zur Verfügung gestellt hat.

Teil II
Gottesdienste im Freien erfreuen sich großer Beliebtheit. In diesem Sommer setzt der Pfarrer von Engelstadt in Rheinhessen diese Idee mit seiner Gemeinde um - mit großem Erfolg. Der letzte Gottesdienst fand im Garten von Hans Inks statt.

Hans Inks: Ich bin Neubürger von Engelstadt und ich finde, das jeder seinen Beitrag für diese Gemeinde machen sollte und seine Tür und seinen Hof aufmachen sollte für die Nachbarschaft und die Gemeinde.

Sein Garten ist eine Besonderheit, er schmiegt sich an einen kleinen Hang, von der Terasse aus geht man auf eine Wiese, Blumenrabatten schmücken die Wiesenränder und unter einem großen Baum ist ein Baumhaus errichtet für die Kinder der Nachbarschaft und seine Enkel, die in nullkomma nichts in das Haus und in den Baum klettern können. - ein Paradies auch für Kinder.

Hans Inks: Meine Frau und ich, wir fühlen uns so wohl in unserem kleinen Garten, wir sagen immer, das ist unser kleines Paradies und am liebsten gehen wir gar nicht raus in Urlaub in den Sommermonaten, weil unser Garten so schön ist, und ich glaube, dass die Menschen, die auch diesen Garten sehen, tun auch dieses Gefühl haben, etwas Schönes zu sehen und gleich ihre Herzen und ihre Gedanken ein bisschen frei machen.

Hans Inks kommt aus Amerika, er ist in Engelstadt verheiratet und lebt als amerikanischer Soldat im Ruhestand hier bei uns in Deutschland. Er hat viel von der Welt gesehen, kann ganz spannend von seinen internationalen Einsätzen erzählen. In den letzten 15 Jahren war er  immer wieder in humanitären Einsätzen zum Aufbau ziviler Strukturen im Kosovo, im Irak und anderswo. Er braucht seinen Garten und er braucht seine Kirchengemeinde, um wieder Kraft tanken zu können für die Aufgaben, die ihn immer wieder an seine persönlichen Grenzen führen inmitten des menschlichen Leides, das ihm dort begegnet ist
Inzwischen ist er auch Mitglied im Kirchenvorstand in Engelstadt.
So ein Gottesdienst, meint Pfarrer Hartmut Lotz bedarf eigentlich keiner großen Vorbereitung von seiten der Gartenbesitzer

Hartmut Lotz: Wir führen kurz vorher, vor dem Gottesdienst ein Gespräch, was für ein Thema wir in diesem Garten nehmen möchten und dann sorgen die Gartenbesitzer dafür, dass ein paar Bänke im Garten stehen, ein kleiner Tisch als Altar hergerichtet wird, alles andere ist eigentlich Sache der Kirchengemeinde, wir bringen ein kleines Kreuz mit, ein paar Kerzen noch dazu, Blumenschmuck ist im Garten in aller Regel vorhanden und so ist der Aufwand eigentlich recht minimal.

Und was war jetzt für diesen vergangenen Gottesdienst das besondere Erlebnis, wieder sind ja fast einhundert Menschen gekommen.

Hartmut Lotz: Es ist immer wieder das Erstaunen über die Schönheit jetzt in einer gestalteten Natur Gottesdienst erleben zu können, unser Standard-Lied ist: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud", und das passt in diese Sommerzeit hinein und die Menschen sagen: Hier haben wir das Lied zum ersten Mal richtig verstanden.

Und der nächste Gottesdienst wird am kommenden Samstag auf dem Friedhof in Engelstadt neben der Mauritiuskirche gefeiert.

Teil III
Gottesdienste in freier Natur, in Engelstadt in Rheinhessen hat man damit seit einigen Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Ende August gibt es jetzt den ersten Gottesdienst auf dem Friedhof in Engelstadt.
Um diesen Friedhof hat es seit Jahren erhebliche Diskussionen gegeben. Die einen wollten gar nichts ändern, so verfielen die nicht mehr gepflegten Gräber immer mehr und es gab Wildwuchs an Bäumen und Sträuchern. Andere wollten radikale Änderungen, die alten Gräber sollten weg, eine moderne Urnenwand sollte errichtet werden,
Dann unternahm der neue Bürgermeister von Engelstadt, Christoph Neuberger, einen Versuch, zwischen den Fronten zu vermitteln. Und er hat es geschafft mit Hilfe der Kirchengemeinde, nicht zuletzt von Pfarrer Hartmut Lotz, wurde das große Ziel ins Auge gefasst und nun umgesetzt.

Christoph Neuberger: Es wurden die Wege neu gemacht, es wurde von den alten, entfernten Gräbern wurden die Grabsteine in ein Denkmalfeld gestellt und vor dem Denkmalfeld wurde bepflanzt und um das Denkmalfeld auch. Und dadurch hat sich das Erscheinungsbild des Friedhofs geändert, vier Parkbänke stehen jetzt auf dem Friedhof und laden die Menschen zum Verweilen ein.

Jetzt ist es geschafft und der Gottesdienst soll viele Menschen einladen, ihren persönlichen Eindruck von dem gelungenen Werk zu bekommen.

Christoph Neuberger: Für mich persönlich steht eigentlich Dank an erster Stelle, es war auf dem Engelstädter Friedhof eine richtige große Baustelle, man kann's nicht anders nennen, es war ‚ne richtige Baustelle, es wurden 150 Tonnen alte Grabsteine und Beton bewegt, als die Gräber entfernt wurden und ich bin dankbar.

Weil es wirklich ein schöner Garten ist, es ist ein schöner Park geworden. Hartmut Lotz merkt an:

Hartmut Lotz: Friedhofsgärten sind ja im Grunde genommen die ältesten Gärten, die wir in unsrer Kulturgeschichte vorweisen können und da war es eigentlich selbstverständlich zu sagen, in diesem Garten sollte auch ein Gottesdienst stattfinden, um diese neue Gartenanlage auch würdigen zu können und darin einen Gottesdienst zu feiern, der natürlich viel mit Erinnerung zu tun haben wird.

Ein schön gestalteter würdiger Friedhofsgarten, ein Ort zum Verweilen, Gedenken und Erinnern, ein Ort an dem mancher Streit zwischen Familien und den Angehörigen aus der Vergangenheit zur Ruhe kommen kann ist jetzt entstanden, den die Bürger auch schon nützen, wie Christoph Neuberger weiß.

Christoph Neuberger: Für die Leute steht das Gedenken und die Besinnung an erster Stelle und der sonntägliche Kirchgang wird dann auch zu einem Besuch an den Gräbern der Angehörigen genutzt, weil halt die Kirche, weil der Friedhof direkt neben der Kirche ist. „Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben" Das werden die Besucher des Gottesdienstes auf dem Engelstädter Friedhof singen, zwischen blühenden Geranien, Tagetes, Begonien, Lilien und Cosmea auf den Gräbern der Angehörigen. Der Tod ist nicht das Letzte, er wird überstrahlt von der Schönheit von Gottes Schöpfung und dem in den blühenden Pflanzen anschaulich gewordenen Glauben an die Auferstehung der Toten. Kommen Sie doch einfach dazu.

Christoph Neuberger: Der Gottesdienst ist am Samstag, den 28. August um 18 Uhr auf dem Friedhof in Engelstadt.

Die Kirchengemeinde, Pfarrer Hartmut Lotz und besonders der Bürgermeister Christoph Neuberger laden sie alle herzlich ein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8938
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