Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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"Was ist der Mensch eigentlich wert?" Der Journalist Jörn Klare wollte das ganz genau wissen. Exakt ausgerechnet in Euro und Cent. Also begann er zu recherchieren. Er fragte nach bei der Bundesanstalt für Straßenwesen. Für die ist der Fall klar: Nach der „volkswirtschaftlichen Unfallkostenrechnung" wird das Leben eines Unfallopfers mit 1,2 Millionen € veranschlagt. Anders sieht es aus, wenn man die durchschnittliche Summe der Risikolebensversicherungen zugrunde legt: Da sind es 69.000,- €. Entschädigt der Staat einen unschuldig Verurteilten, so erhält der für jeden Tag im Gefängnis 25,- €. Auf ein ganzes Leben gerechnet, wäre der Mensch dann rund 700.000,- € wert. Die frühere DDR verkaufte ihre politischen Häftlinge für umgerechnet 52.000,- € im Schnitt an die Bundesrepublik. Akademiker kosteten das Doppelte. Spottbillig sind dagegen aktuell albanische Mädchen, die von Menschenhändlern für 800,- € nach Italien verscherbelt werden. Machen wir uns nichts vor: In einer Welt, die von allem nur den Preis und von nichts den Wert kennt, sind solche Rechnungen ganz normal. Der Mensch wird zu einer betriebswirtschaftlichen Größe. Eben zum „Humankapital". Diesem Konzept stellt der jüdisch-christliche Glaube sein Menschenbild entgegen. Hier ist jeder Mensch ein Abbild Gottes. Darin gründet seine Würde. Für Gott, den Schöpfer, sind alle Menschen einzigartig und unendlich kostbar. Natürlich gibt es in einer modernen Gesellschaft nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnungen: im Gesundheitswesen, in den Sozialversicherungen, im Bildungsbereich. Die muss es auch wohl geben. Und trotzdem darf nicht vergessen werden, dass „die Würde des Menschen unantastbar" ist, wie es in Artikel 1 unseres Grundgesetzes heißt. Und den haben Frauen und Männer vor gut 60 Jahren formuliert, die ganz überwiegend das biblische Menschenbild vor Augen hatten."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8903
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