Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der kleine Raum im rechten Glockenturm der Mayener Herz-Jesu-Kirche ist besonders gestaltet. Er dient als Beichtkapelle. Hier geht es also um wichtige Fragen des Lebens: um Schuld und Vergebung, um Einsicht und Versöhnung, um Verzeihung und Barmherzigkeit. Im Fenster der Kapelle hat der Künstler und Glasmaler Jakob Schwarzkopf das Thema aufgegriffen. Zwei große Gestalten prägen das Bild – rechts ein älterer Mann mit roten Gewand, daneben ein jüngerer. Beide wenden sich einander zu. Der Künstler gestaltet in diesem Fenster eine sehr bekannte biblische Geschichte. Es ist eine schwierige Geschichte, die ein glückliches Ende hat. Dieses glückliche Ende ist im Bild festgehalten: Es wird deutlich in der Geste der Umarmung. Ein Vater umarmt seinen Sohn, der zurückgekehrt ist. Das Bild zeigt den Augenblick, in dem sich vieles löst. Da ist plötzlich ein Weg, wo vorher nur Sackgassen waren. Lange liegt der Zeitpunkt zurück, an dem der Vater den Sohn in die Welt ziehen ließ. Der wollte es ja so. Zurück liegt die Zeit, in der dieser Sohn in eine solch schlimme Notlage gerät, dass ihm nur die Umkehr bleibt. Vorbei ist die Angst des Sohnes vor den möglichen Vorhaltungen des Vaters. Der setzt auf Güte und Barmherzigkeit. Geht dem heimkehrenden Sohn entgegen und reicht ihm die Hand. Die Geste ermöglicht den Start in einen neuen Lebensabschnitt. Die „Geschichte vom barmherzigen Vater“ gehört zu den Texten der Bibel, die ich am meisten schätze. Denn großmütiger und liebevoller als der Vater in dieser Geschichte kann man nicht handeln. Ich finde, der „barmherzige Vater“ ist eines der schönsten Bilder von Gott. Es ist tröstlich, zu wissen, dass Liebe möglich ist; einfach als Geschenk – ohne zu rechnen und zu zählen. Das Glasfenster von Jakob Schwarzkopf in der Beichtkapelle der Mayener Herz-Jesu-Kirche gibt einen Anstoß, über die Haltung der Barmherzigkeit neu nachzudenken. Gerade jetzt in der Fastenzeit. Es kommt darauf an, sich von der Not anderer Menschen berühren zu lassen. „Werke der Barmherzigkeit“ zu tun, das kann zum Beispiel dann heißen: Kranke besuchen, Trauernde trösten und Heimatlose aufnehmen.
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