Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es war ein wunderbarer Urlaub. 14 Tage in Rumänien. Schon 30 Jahre ist das her. Und trotzdem geht mir bis heute eine Urlaubszene nicht aus dem Sinn. Sie ist sogar auf einem Foto festgehalten.
Wir Jugendliche waren über den großen Snagovsee gerudert, hatten erschöpft in einem kleinen Fischerdorf angelegt und dann einen kleinen Rundgang im Dorf gemacht. An einem Brunnen machten wir halt. Ein Mann kam winkend auf uns zu. Er fing sofort an Wasser zu schöpfen für uns. Aus einem Krug, der am Brunnenrand stand, konnten wir dann nacheinander trinken. Wir konnten uns nicht verständigen. Nur mit Händen und Füßen. Aber diese Geste – das Wasser aus dem Brunnen – das verstanden wir alle. Wie gut tat uns dieses Wasser, diese Gastfreundschaft des Mannes.
Eine tolle Erfahrung. Da ist jemand, ein Fremder, der aus der Tiefe Wasser für Dich holt, damit Du Dich erfrischen kannst.
In der Bibel gibt es die Geschichte der Frau am Jakobsbrunnen. Sie bietet Jesus Wasser an zur Zeit der größten Mittagshitze. Jesus nimmt das Wasser an und er spricht davon, dass er im tiefsten Sinn dieses Wasser ist. Er erschließt der Frau ihre Lebensquellen und Ströme. Die Frau ist bereit dies anzunehmen und so gelangt Sie zur Wahrheit ihres Lebens. Sie erkennt Ihre Würde als Frau und Ihre Aufgabe im Leben.
So ist der Brunnen ein Bild für den Menschen, ein Bild, dass der Mensch in der Tiefe seines eigenen Lebens seinen Lebensgrund erahnen und erkennen kann.
Manchmal genügt uns ja der Brunnen und das Wasser, wie damals im Urlaub in Rumänien, wo jemand für uns das Wasser schöpfte. Ein anderes mal sind wir aufgefordert in uns das lebendige Wasser zu schöpfen, um an unsere eigenen Ressourcen heranzukommen. Und wieder ein anderes mal gelingt es uns, etwas von dem abzugeben, wovon wir selber leben – sei es begründet in Gott, der die Liebe ist oder die Freundschaft zu uns selbst und zu den Menschen. Ich glaube, je mehr wir selber in unsere eigene Tiefe hinabsteigen, desto mehr werden andere davon Anteil bekommen und ermutigt werden, es auch zu versuchen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=881
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