SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

 Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, mit unserer kleinen Enkelin unterwegs zu sein. Die ersten Gehversuche hat sie hinter sich, und sie kräht vor Vergnügen, wenn sie mit kleinen, schnellen Schritten eine Strecke allein bewältigt. Sprechen kann sie noch nicht; aber sie weiß, auf sich aufmerksam zu machen und zu zeigen, was sie gerne hätte: zum Beispiel das Stückchen Wurst in der Metzgerei, wo sie, kaum ist sie in den Laden gekommen, freundlich begrüßt wird. Immer wieder staune ich, wie Menschen, ältere und jüngere, auf sie reagieren. Sie sprechen sie an. Sie freuen sich, wenn sie angelacht werden. Sie verwickeln die Eltern oder die Großeltern manchmal in ein Gespräch. Fast immer huscht ein freundliches Lächeln über das Gesicht auch der Menschen, die einfach vorbei gehen.
Woran liegt es, dass kleine Kinder so viel Freundlichkeit und Anteilnahme wecken? Liegt es daran, dass sie noch so klein und schutzbedürftig sind? Dass sie lachen und weinen, ohne ihre Wirkung auf Andere zu kalkulieren? Dass sie, was sie wollen, so direkt und unverblümt äußern? Dass sie, auch wenn sie in einer bestimmten Phase auf fremde Menschen mit Abwehr reagieren, Misstrauen noch nicht kennen? Es ist vermutlich all dies, was die Aufmerksamkeit und Freundlichkeit auf sie zieht.
Natürlich gibt es auch die ganz anderen Reaktionen auf Kinder: Ungeduld, wenn sie laut sind und stören; Missachtung, wenn nur das wahrgenommen wird, was noch unfertig an ihnen ist; gar Missbrauch, wenn sie verantwortungslos benutzt werden. - Von einer typischen Reaktion der Jünger Jesu erzählt die Bibel: Mütter wollen ihre Kinder zu Jesus bringen. Harsch hindern sie die Jünger daran. Sie finden: Bei dem, was Jesus den Menschen zu sagen hat, haben Kinder nichts verloren. Da geht es um ernste Dinge. Kinder sind dafür nicht wichtig genug. Jesus aber greift, zornig auf seine Jünger, ein, holt die Kinder zu sich und segnet sie.
Und er schreibt den Jüngern und uns ins Stammbuch: Werdet wie Kinder, damit Ihr empfangen könnt, was Gott schenkt. Ihr könnt klein werden und eure Bedürftigkeit eingestehen. Ihr müsst nichts aus euch machen. Ihr könnt vor Gott sein, wie ihr seid. Er sieht ohnehin eure Grenzen und Mängel. Und er liebt euch. Darauf sollt ihr vertrauen - mit einem Vertrauen, wie es Kinder haben. In der Kraft dieses Vertrauens werdet ihr dann auch Menschen anders begegnen und Manches besser machen können, was ihr als Mangel erkannt habt. Werdet also wie Kinder, lernt von ihnen - und achtet ihre Würde!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8785
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