SWR3 Gedanken

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Ich dachte immer, Schönheitsoperationen wären nur was für Frauen. Aber jetzt habe ich in der Zeitung gelesen, dass es Männer gibt, die sich vergrößern lassen. Ich wusste gar nicht, dass das geht. Ein Chirurg im Saarland macht das. Erst werden einem beide Beine gebrochen. Dann wird an der Bruchstelle ein Teleskopnagel eingesetzt. Der verhindert, dass der Knochen schnell zusammenwächst. Er schiebt die Bruchstücke voneinander weg, so dass im Zwischenraum Knochen nachwachsen kann. Ergebnis: Man wird bis zu 10 cm größer. Der Chirurg hat in seinem Besprechungszimmer ein 10 cm hohes Podest. Da kann man sich draufstellen und schon mal schauen wie das ist, wenn man es geschafft hat.
Jetzt habe ich es ja gut: Ich bin 1,85 m groß. Da brauche ich bestimmt keine OP. Vielleicht kann ich mir deshalb nicht vorstellen, was in kleinen Menschen vor sich geht, wenn sie diese Schmerzen auf sich nehmen: „Man bekommt einfach mehr Respekt, wenn man größer ist," sagt einer der Patienten. Übrigens vorwiegend Männer - denn Frauen lösen das Problem über die Absätze ihrer Schuhe.
Zuerst wollte ich über diese Art von Schönheits-OP laut lachen. Aber was der Patient sagt, muss ich als „Großer" ernst nehmen. Respekt? Ist es wirklich so, dass Kleinere weniger Respekt bekommen? Genauer gefragt: Wie gehe ich mit kleinen Menschen um? Schaue ich auf sie herab? Fühle ich mich stärker, größer, besser? Oder respektiere ich sie so wie andere Menschen auch. Von Gott sagt man, dass er jeden Menschen gleich liebt, ungeachtet von Hautfarbe Geschlecht oder Größe. Bei mir bin ich mir plötzlich nicht mehr so ganz sicher.

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