Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Haltet Euch bereit!" sagt Jesus im Evangelium, das an diesem Sonntag in den katholischen Gottesdiensten verlesen wird (Lukas 12,35-40) „Haltet euch bereit !" Das klingt bedrohlich! Zumal Jesus ja noch anfügt, dass niemand die Stunde kennt, wo der Menschensohn wieder kommt. Wo das Ende der Welt erreicht ist. An anderen Stellen in der Bibel ist im Zusammenhang vom Ende der Welt auch von Gericht, ewiger Verdammnis und Hölle, die Rede. Die dem drohen, der sich nicht bereit gehalten hat. In der Lehre der Kirche hat diese Drohung in der Vergangenheit eine große Rolle gespielt, es wurde viel Angst und Schrecken damit verbreitet. Ich glaube nicht, dass Jesus das wollte. Vielmehr verwendet er das damals übliche Bild vom Gericht am Ende der Welt, um zu sagen: Lebt so, dass ihr jederzeit Rechenschaft über euer Denken und Tun ablegen könnt, oder noch einfacher ausgedrückt: Lebt so, dass ihr euch morgens im Spiegel anschauen könnt. Ohne Gericht und Hölle dafür bemühen zu müssen, ist das an sich schon ein anspruchsvolles Programm. Denn damit ist mehr gemeint als bestimmte Normen und Gebote einzuhalten. Es kommt entscheidend auf die innere Haltung an. Wenn man von sich absehen kann und sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen vermag, zum Beispiel. Oder man zuhört und aufhört, immer nur sich hören zu wollen. Oder uneigennützig hilft und sich anbietet noch bevor man gefragt wird. Solche Menschen müssen hellwach sein. Jesus preist sie deswegen auch selig. Selig heißt aber auch glücklich. Glücklich kann sich preisen, wer kein Ich-Mensch sondern ein Du-Mensch ist. Der hält sich bereit. Für den kann Jesus ruhig kommen.

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