Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Herr Pfarrer, warum kann ich Gott nicht sehen?" „Können Sie mir beweisen, dass es Gott überhaupt  gibt?" „Was macht Sie in Ihrem Glauben so sicher?" Diese oder ähnliche Fragen tauchen immer mal wieder bei mir im Religionsunterricht auf. Beim Antworten auf solche Fragen entwickelt sich zumeist ein lebendiges Gespräch über Gott und die Welt, über Freude und Leid, über Sehnsüchte und Enttäuschungen, über Leben und Tod - das ist gut so, nicht planbar und auch nicht einfach in einen Rahmenplan und vorgesehene Lerninhalte einzubauen.
Eine Beweisführung, so wie ich dies noch vom Mathematikunterricht her kenne, Beweise, die voll und ganz erklären und zufrieden stellen, nein, so etwas kann ich weder Jugendlichen noch Erwachsenen bieten. Am sinnvollsten sind da glaubwürdige Sätze, eigene Zeugnisse, das Zu-Lassen von Fragen und Zweifeln und persönliche Glaubens-Bekenntnisse. Das geht am meisten in die Tiefe. Diese Erfahrung mache ich immer wieder.
In der folgenden Geschichte kann etwas von Gott, von seinen Spuren in unserer Welt, deutlich werden: Ein französischer Gelehrter durchstreift die Wüste und hat sich als Führer einige Araber mitgenommen. Einige von ihnen sind Moslems. Beim Sonnenuntergang breiten diese ihre Teppiche auf den Boden und beten. „Was machst Du da?", fragt er einen. „Ich bete." „Zu wem?" „Zu Allah." „Hast Du ihn jemals gesehen, betastet, gefühlt?" „Nein". „Dann bist Du ein Narr!"
Am nächsten Morgen, als der Gelehrte aus seinem Zelt kriecht, meint er zu dem Araber: „Hier ist heute Nacht ein Kamel gewesen!" Da blitzt es in den Augen des Arabers: „Haben Sie es gesehen, betastet, gefühlt?" „Nein". „Dann sind Sie aber ein sonderbarer Gelehrter!" „Aber man sieht doch rings um das Zelt die Fußspuren!" Da geht die Sonne gerade auf in all ihrer Pracht. Der Araber weist in ihre Richtung und sagt: „Da, sehen Sie: Die Fußspuren Gottes!"

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