SWR3 Gedanken

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Es war verboten dort zu schwimmen - in Sichtweite eines Klosters auf der Halbinsel Athos, dem Heiligen Berg der Orthodoxie. Aber das Wetter war zu schön, das Meer zu blau und ich zu verschwitzt als dass mich dieses Verbot hätte abhalten können ein erfrischendes Bad in der Ägäis zu nehmen. Und es war herrlich! Darum merkte ich nicht wie ich abgetrieben wurde. Ganz schön weit abgetrieben. Und als ich zu dem Ort an dem ich ins Meer gestiegen war zurückschwimmen wollte, ging es nicht, die Strömung war zu stark. Ich bin kein besonders guter Schwimmer und vielleicht hat mich das auch davon abgehalten gegen die Strömung anzuschwimmen. Ich ließ mich treiben, tragen von den Wellen. Es war einer dieser besonderen Momente im Leben. Ein besonderer, weil überraschender Moment. Ich bin kein Held und habe Angst schon bei viel weniger spektakulären Situationen. Aber in dieser bin ich überraschend ruhig geblieben. Das ist mir schon öfter passiert, dass ich in existentiellen Situationen, von denen ich gedacht habe, ich würde in Panik verfallen, völlig ruhig geblieben bin. Eine mir sonst unbekannte Eigenschaft. Eine Gabe, vielleicht auch eine Seite meines Glaubens. Die ich auch von einer anderen, scheinbar aussichtslosen Situation her kenne. Auch da konnte ich mich fallen, innerlich tragen lassen und sagen: so lieber Gott, ich kann jetzt nichts mehr machen, jetzt bist du dran! Auch da kam ich, Gott sei Dank, aus der Situation raus - wie damals bei meinem verbotenen Bad in der Ägäis. Einige hundert Meter von dem Ort, an dem ich ins Meer gestiegen war, konnte ich dann ganz leicht ans Ufer schwimmen. Ein Erlebnis bei dem ich Glück hatte und was für' s Leben gelernt habe. Darum musste ich schmunzeln als ich vor kurzem eine Postkarte von ein paar jungen Leuten bekommen habe. Auf dieser Karte waren schöne große Wellen abgebildet und darüber stand geschrieben: „Man kann gegen Wellen ankämpfen oder sich von ihnen in die Zukunft tragen lassen...."

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