SWR3 Gedanken

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Ja, es gibt sie noch, die großen Lieben, die ein Leben lang halten. Trotz aller Beziehungskrisen und Scheidungsraten. Darum hat es mich gefreut als ich in einer SWR Sendung eine ganz wunderbare Liebeserklärung gehört habe. Eine so beiläufige wie schöne Liebeserklärung. Der Umweltkünstler Christo - das ist der, der den Reichstag verhüllt hat - dieser Christo hat in einem Interview immer wieder von seiner Frau gesprochen. Das ist ja noch nix Ungewöhnliches. Er hat aber immer im Präsens, in der Gegenwartsform von ihr gesprochen, was auch noch nichts Ungewöhnliches wäre, wenn sie nicht tot wäre.
Christo's Frau Jeanne Claude ist im November 2009 gestorben. Und ihr Mann spricht von ihr als ob sie noch da wäre. Er spricht von Projekten die sie noch machen, er redet von „wir" wo doch nur noch er da ist.
Man könnte jetzt natürlich sagen dass er es noch nicht verinnerlicht hat, dass seine Frau nicht mehr lebt oder dass er es einfach nicht wahrhaben will. Aber wenn man weiß dass Christo und Jeanne Claude im selben Jahr und am selben Tag geboren wurden, dass sie wegen ihrer Liebe lange in Armut leben mussten, dass sie 47 Jahre verheiratet waren und fast alles gemeinsam gemacht haben, dann versteht man, dass der Tod dieses Paar nicht trennen kann. Nicht wirklich trennen kann.
Und vielleicht passt das ja auch zu ihrer Art von Kunst. Nicht nur weil sie jahrzehntelang all ihre Kunstwerke gemeinsam geplant, finanziert und durchgeführt haben. Sondern weil der Kern ihrer Kunst das Enthüllen durch Verhüllen war. Dadurch dass sie Gegenstände, Natur oder Bauwerke eine zeitlang verhüllt haben wollten sie auf den inneren Wert von Dingen, Bauwerken und der Natur hinweisen. Und vielleicht ist der Tod ja auch nur eine Verhüllung die uns das so intensiv enthüllt was uns über ihn hinaus verbindet: die Liebe...

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