SWR2 Wort zum Tag

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Aufgewacht - die Augen aufbekommen  - und gute Laune?
Gute Laune wird erwartet! „Bringt gute Laune mit - ich hab sie schon." - las ich unlängst in einer Einladung zu einer Geburtstagsfeier. Und wenn ich keine gute Laune mitbringen kann? Bin ich dann noch eingeladen?

Dann hilft mir vielleicht eine Lachtherapie weiter -  wie sie bitter ironisch in „Konfetti" - einem Stück der Autorin Ingrid Lausund angepriesen wird:

„Früh aufstehen ist gut - Man muss aufstehen, bevor die warum-soll-ich-das-nicht-sagen-Krise einen über Nacht eingeholt hat. .. Ich mach gerade eine Lachtherapie. Das ist im Prinzip sehr einfach. Man lacht zuerst, und dann kommt die gute Laune nach. Das Lachen ist nicht mehr an einen Kontext gebunden."

Lachen ohne Kontext - dann ist die gute Laune garantiert.

Aber was, wenn ein Grundschüler nach Hause kommt - vom Unterricht erschöpft - seine Schulsachen in die Ecke wirft - und nicht  strahlt, dann - so erzählt der Schüler - „dann schickt mich meine Mutter ins Zimmer. »Mach nicht so´n Gesicht«, sagt sie, »schlechte Laune kann ich nicht ertragen.«"

Hart ist das - aber ich kenne das von mir auch gut. Zu gut. Schlecht gelaunte Menschen strengen mich an, gehen mir auf die Nerven. Ihre Sorgen, ihre Enttäuschungen, ihr Kummer - alles das strengt mich an. Ich versuche  dann oft, mit aller angestrengter Fröhlichkeit positive Seiten entgegenzusetzen.
Was es doch alles noch Schönes gibt - für jeden.

Eine heftige Kritik an mir hat mich vor Jahren  wachgerüttelt. Nach dem Gottesdienst kam ein Trauriger zu mir und verabschiedete sich mit den Worten: „Bei ihnen ist es immer so fröhlich im Gottesdienst - das kann ich schier nicht ertragen."

Ich bin weiter gern froh im Leben dabei. Und scherze und lache. Und genieße die gute Laune. Aber: Ich will nicht mehr unentwegt gute Laune erwarten und verbreiten. Das kann - wie es im Stück von Ingrid Lausund an anderer Stelle  heißt - zum „Fun-Terrorismus" werden.

Wenn ich wieder zu sehr auf gute Laune gepolt bin, erinnere ich mich an ein Bibelwort: „Freut euch mit den Fröhlichen, und weint mit den Weinenden." (Römer 12,12) Das hilft - und erspart mir die Lachtherapie. Lachen und Weinen - beides hat seine Zeit. Miese Laune mittragen - Tränen aushalten - auch miteinander weinen - das kostet Kraft. Aber ich erlebe in solchen Zeiten auch Nähe und ganz intensiv: Sym-Pathie.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8663
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