Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Was bin ich wert? Eine Preisermittlung". So lautet der Titel eines neuen Buchs. Der Autor hat festgestellt: Ganz oft wird der Wert eines Menschenlebens in Geld berechnet. In ganz verschiedenen Bereichen. Mit fatalen Folgen für die Menschenwürde.
Eine Berechnungsmethode: Der Mensch ist soviel wert, wie er leistet. Das drückt der Begriff „Humankapital" aus. Zu Recht ist er zum „Unwort des Jahres" gewählt worden. Ist ein Arzt mehr wert als ein Arbeitsloser, ein Präsident mehr als ein Müllwerker?
Andere kalkulieren den sogenannten „Wert eines statistischen Lebens": Was ist ein Mensch bereit zu zahlen, um sein Leben zu erhalten? Und das schwankt dann zwischen 9 Mill. € in Japan und 1,2 Mill. € in Indien. Auch in Deutschland werden Geldwerte für ein Menschenleben angesetzt. Ein Beispiel: Die Bundesanstalt für Straßenwesen rechnet, dass der deutschen Volkswirtschaft durch jeden Unfalltod durchschnittlich 1,2 Mill. € verloren gehen. Darauf stützt sie ihre Kosten-Nutzen-Kalkulation bei Verkehrssicherheitsmaßnahmen. Im britischen Gesundheitswesen wird ein gesundes Lebensjahr mit einem Wert von 30.000 € angesetzt. Mehr darf ein Lebensjahr Gesundheit die Kassen nicht kosten - auch wenn der Patient dann sterben muss, weil ihm eine notwendige teurere Behandlung nicht gewährt wird.
Von da aus ist der Weg nicht mehr weit zu der Frage, wie viele Kosten ein behinderter Mensch der Gesellschaft verursachen darf. Und unversehens sind wir dann wieder beim „unwerten Leben".
Wenn wir anfangen, den Wert des Menschen zu relativieren, dann ist der Menschenverachtung Tür und Tor geöffnet. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Und das bedeutet auch, dass sie nicht berechenbar ist, dass der Wert eines Menschen nicht verrechnet werden darf mit irgendwelchen Kosten oder seinem wirtschaftlichen Nutzen. Ganz deutlich wird das vom christlichen Menschenbild her: Wenn der Mensch „Gottes Ebenbild" ist, dann hat er von daher einen unendlichen, ewigen Wert und eine unüberbietbare, absolute Würde. Wer den Wert eines Menschen in sein eigenes kleinkariertes Kosten-Nutzen-Kalkül einspannt, der vergreift sich am Menschen und an Gott als dem Schöpfer und Vollender jedes einzelnen Menschen. 

Autor des Buches, das der Suhrkamp-Verlag herausgibt, ist Jörg Klare. Darauf aufmerksam geworden bin ich durch eine kurze Einführung in die Thematik, die er  unter dem Titel „Was sind wir wert?" geschrieben hat für das  missio-magazin (ISSN 1862-1988; www.missiomagazin.de), Mai/Juni 3/2010, S. 34-35.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8595
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