Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Sein Kopf hängt tief nach vorne gebeugt. Ihm stehen die Tränen in den Augen. Der Junge vor mir im Bus hält sein Zeugnis in der Hand. Mit dem Wappen seiner Schule drauf. Jetzt haben sie alle ihr Zeugnis, die Kinder in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Hessen Sie haben Noten bekommen, wurden versetzt oder nicht.
Noten, Zeugnisse, Leistungsbilanzen. Die gehören zum Leben dazu. Von Anfang an.
Mir selbst geht nicht jede Beurteilung nahe. Manche gehen an mir innerlich vorbei. Andere nehme ich mir sehr zu Herzen, wenn sie schlecht ausfallen. Da fühle ich mich schon mal persönlich herabgesetzt in meinem Wert. Ich glaube, das geht vielen so.
Welchen Wert habe ich, wenn mein Chef mit meiner Arbeit ständig unzufrieden ist?
Was bin ich wert, wenn mir niemand eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt anbietet?
Und wie viel wert fühlt sich ein Kind, wenn es sich in der Schule Mühe gibt, sich anstrengt und am Ende kommen nur Fünfen und Sechsen raus?
Ich bin mir sicher, viele Menschen zweifeln - an sich selbst - wenn der Erfolg ausbleibt.
Und sie fragen sich: ja, wer bin ich denn noch? „Du hast mich gebildet im Mutterleib." So heißt in einem Psalm. „Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war."
Ich verstehe das so: Gott gibt mir meinen Wert, lange bevor andere über mich bilanzieren. Dass ich wertvoll - liebenswert - bin, hängt nicht von meinen Leistungen ab. Meine Freunde gehören doch nicht zu mir, weil sie perfekte Menschen sind.
Meine Tochter ist doch nicht mein Ein und Alles, weil sie immer brav und artig wäre.
Die Bibel sagt: Bevor ich auf der Welt bin, kennt Gott mich schon. Er hat mich gemacht und genauso gewollt, wie ich bin. Und genau das - nicht meine Leistungen - bildet den Kern für das, was ich bin wertvoll.
Mein Name steht in Gottes Buch, heißt es in dem Psalm, für immer und ewig, gleich was ich in meinem Leben zu leisten im Stande bin. Gottes Werturteil ist wichtig.
Und die Menschen, die mich annehmen, so wie ich bin.
In den letzten Wochen gab es Zeugnisse. Ich wünsche allen Schulkindern, ihren Eltern und ihren Lehrern schöne Ferien. Und dass die Noten, ob sie gut oder schlecht waren, schon bald nicht mehr so wichtig sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8590
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