SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Das junge Paar sitzt in der ersten Reihe des Berliner Doms. Was für eine Pracht: der vergoldete Altar, die beeindruckende Orgel und die reich verzierten Grabdenkmäler von Königen und ihren Familien. Aber die beiden Turteltäubchen haben keinen Blick dafür. Sie haben nur Augen für sich.
Ganz eng sitzen sie beieinander in der Kirchenbank. Mal unterhalten sie sich angeregt. Mal schweigen sie. Sie sind so miteinander beschäftigt, dass sie gar nicht merken, wie sich die Bankreihen hinter ihnen füllen. Nur noch wenige Minuten sind es, bis die Abendandacht beginnt. Auf einmal stehen sie auf, umarmen sich ganz fest und geben sich einen innigen Kuss. Einige Momente stehen sie so da, bis jemand anfängt zu applaudieren.
Da erst merken sie, wie viele Leute hinter ihnen sitzen und sie anschauen. Ein wenig verschämt setzen sie sich wieder auf ihren Platz. Und folgen aufmerksam der Andacht.
In der geht es um den biblischen Satz: Gott ist die Liebe. Und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.
Die beiden haben es grade vorgemacht, wie das geht. Wenn zwei sich lieben, dann lassen sie sich nicht kirre machen von dem, was andere erwarten. Liebende gehen ihren eigenen Weg. Sie reden und schweigen, lassen sich los und halten sich fest - egal wo sie sind und ob es anderen passt oder nicht. Sie sind ein lebendiges Zeichen für die Liebe, von der Jesus in der Bibel redet. Eine Liebe, die nicht von dieser Welt ist.
Und deshalb trauen sich auch an diesem Samstag welche und sagen Ja zueinander. Und wir Pfarrerinnen und Pfarrer segnen sie für ihren gemeinsamen Weg. Und dann geben sie sich vor Gott das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten zusammenzuhalten. Und sie geben sich die kürzeste Liebeserklärung, die es gibt. Sie sagen zueinander: Ja.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8473
weiterlesen...