SWR3 Gedanken

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Wenn ich morgens zur Bushaltestelle gehe, begegne ich zur Zeit dem armenisch-deutschen Boxchampion Arthur Abraham. Vom Unterstand der Haltestelle schaut er mich an und raunt mir zu: Du bekommst alles von mir. Ich auch von dir? Arthur Abraham hat es nicht auf mein Geld oder Leben abgesehen, sondern auf meine Organe, Herz, Nieren, Leber,  Lunge und so weiter. Denn Abraham und andere Promis stellen ihren Namen und ihr Gesicht für die Kampagne ProOrganspende zur Verfügung. Der Schauspieler Til Schweiger etwa, oder der Regisseur Roland Emmerich. Trauriger Hintergrund ist die Erkenntnis, dass über 90 Prozent der Deutschen bereit wären, sich im schweren Krankheitsfall ein Spenderorgan einpflanzen zu lassen. Im Falle des eigenen Todes auch eines zu spenden, das will freilich nur ein Bruchteil. Eine moralisch zumindest zweifelhafte Diskrepanz. Die Argumente für die Organspende sind nicht neu. Die tiefsitzenden Ängste vor dem Thema allerdings auch nicht. Neu bei dieser Kampagne des Deutschen Herzzentrums Berlin ist freilich, dass sie nicht nur nüchtern informieren, sondern eine Diskussion anstoßen will. Ein Nachdenken über Solidarität. Dass eine Gesellschaft nämlich nur funktionieren kann, wenn neben dem Willen zu Nehmen auch einer zu Geben besteht - nicht nur beim Geld. Dass ich auf lebensrettende Hilfe für mich nur dann hoffen kann, wenn zugleich viele andere bereit sind zu helfen. Auch ich selbst. Allen Fragen und Ängsten zum Trotz, die Bereitschaft zur Organspende ist praktizierte Nächstenliebe. Einfacher ist sie kaum zu haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8406
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