SWR3 Gedanken

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Eine uralte Legende erzählt von einer Zeit, als alle Menschen noch dieselbe Sprache hatten. Sie verstanden sich und konnten so fast alles erreichen. Mit dem Bau eines gewaltigen Turms wollten sie sich schließlich bis in den Himmel vorarbeiten. Gott aber, entsetzt über diesen Größenwahn, verwirrte ihre Sprache. Die Verständigung klappte plötzlich nicht mehr und die Menschen zerstreuten sich von da an über die ganze Erde. Eine Geschichte aus der Bibel. Leider eine aktuelle Geschichte, denn an mangelnder Verständigung leiden wir auch heute. So wie jener Student aus Schwarzafrika, der nur einkaufen gehen wollte. Mit einem Stipendium seines Heimatlandes ist er hier, möchte Ingenieur zu werden. An jenem Nachmittag aber war er zur falschen Zeit am falschen Ort. Eine Polizeikontrolle in seinem Wohnheim, Drogenfahndung. Als sie auch ihn kontrollieren wollen, flieht er und wird von den Beamten überwältigt. Er wehrt sich, hat Todesangst. Sie legen ihm Fesseln an, bringen ihn aufs Revier. Erst langsam klärt sich auf, dass er unschuldig und aus Panik über den Anblick des Polizeiaufgebots weggelaufen ist. In seinem Heimatland hat die Polizei einen üblen Ruf. Man geht ihr besser aus dem Weg, doch davon können die deutschen Beamten natürlich nichts wissen. Er war eben nur zur falschen Zeit am falschen Ort.
Mit dem Sprechen einer gemeinsamen Sprache ist es heute nicht mehr getan. Zum Verstehen gehört eben viel mehr. Die Fähigkeit zum geduldigen Zuhören zum Beispiel und die Bereitschaft, voneinander zu lernen. Damit lassen sich zwar keine Türme in den Himmel bauen, aber ein besseres Verständnis füreinander wäre ja auch schon eine Menge.

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