SWR2 Wort zum Tag

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In der Bildenden Kunst haben Maler gerne und häufig biblische Motive aufgegriffen und dargestellt. Doch nur wenige Bilder widmen sich der Pfingstgeschichte. Ist sie zu abstrakt? Ist der Geist Gottes, von dem die Rede ist, zu schwer darstellbar?
Ich habe die künstlerische Darstellung eines unbekannten Malers vor Augen. Sie zeigt die Jünger Jesu in Jerusalem. Aufgeregt springen sie durch die Straßen, mit erhobenen Armen. Fast sieht es so aus, als würden sie tanzen. Ihre Augen und Münder sind weit aufgerissen. Auf ihren Köpfen brennen kleine Flämmchen.
Die biblische Erzählung vom Pfingstereignis schildert das Geschehen ganz ähnlich: Die Anhänger Jesu waren in Jerusalem versammelt. Plötzlich hörte man ein gewaltiges Rauschen - wie von einem Sturm, der vom Himmel herabweht. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem sie sich aufhielten. Dann hat man etwas gesehen - wie ein großes Feuer am Himmel. Es hat sich zerteilt in kleine Flammen, und auf jeden Jünger, jede Jüngerinnen hat sich eine Flammenzunge niedergesetzt.
Eine wundersame Geschichte! Für unsere Ohren heute klingt sie eher wie ein Märchen. Wie manches Märchen birgt sie eine Wahrheit, die für uns fremd und unzugänglich ist, wenn wir diese Sprache und ihre Symbole nicht mehr verstehen.
Die biblische Pfingsterzählung liefert selbst den wichtigsten Schlüssel zu ihrem Verständnis. Am Ende heißt es: Alle die versammelt waren, wurden vom Geist Gottes erfüllt.
Der Wind ist ein altes Bild für den Geist Gottes. In einigen alten Sprachen ist das Wort „Geist" gleichbedeutend mit „Wind", „Brausen", „Luft" oder „Atem". Frischer Wind in eingestaubten Nischen. Luft, die Leben bringt, die aufatmen lässt - das ist die eine Facette, die mich in den Sinnbildern der alten Erzählung anspricht. Wo der Geist Gottes weht, da wird ein verstaubtes und eingemottetes Denken aufgefrischt. Da weicht der Mief überkommener Einstellungen zum Leben der Erfahrung des Neuen und Kraftbringenden.
Und die andere Seite - das sind die Flammen auf den Köpfen: Wo Gottes Geist wirksam wird, da geht den Menschen ein Licht auf. Da erhellt sich ihnen, was ihr Leben ausmacht. Da wird ihnen klar, wovon sie leben.
Gottes Geist ist neuer Schwung in einem müden Leben, Lichtblick auf meinem Weg in eine noch undeutliche Zukunft.

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