SWR2 Wort zum Tag

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„Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen" - mit diesen Worten beginnt einer der ältesten Texte, der Christen in aller Welt miteinander verbindet: das sogenannte apostolische Glaubensbekenntnis. Wenn es heute noch gesprochen wird - zum Beispiel in Taufgottesdiensten -, dann klingen seine Inhalte für viele Menschen fern und fremd. Vielen ist dieses Glaubensbekenntnis, diese Glaubensformel - wie sie auch genannt wird - zwar alt und ehrwürdig, aber auch leer und nichtssagend.
Beispielsweise die Vorstellung vom allmächtigen Gott. Mag sein, dass sie zu anderen Zeiten Menschen beruhigt hat; dass sie ihnen eine ihr Leben und Sterben umfassende Geborgenheit vermitteln konnte, etwa nach dem Lebensmotto: „Gott behält die Fäden in der Hand. Auch dann, wenn sich Menschen zu Machthabern aufspielen und alle Macht im Himmel und auf Erden beanspruchen. Gott hält auch sie in seiner Hand und entscheidet über ihre Zeit wie über das Maß ihrer Macht."
Die Rede von der Allmacht Gottes hat eine herrschaftskritische Seite im Blick auf die Mächtigen dieser Welt. Doch dieser Gedanke ist heute eher in den Hintergrund getreten. Skeptische Anfragen an die Allmacht Gottes haben die Oberhand gewonnen: Wenn Gott allmächtig ist, warum verhindert er es nicht, dass unschuldige Menschen in Kriegen oder Massakern sterben müssen? Warum verhindert er nicht Erdbeben und Flutkatastrophen, Hunger oder Krankheitsepidemien?
Es sind Fragen, die keine Antworten suchen, sondern zeigen wollen, dass und warum die Vorstellung von der Allmacht Gottes im Lauf der Zeit reichlich absurde Züge bekommen hat. Aus dem allmächtigen Gott ist der Alles-Könner-Gott geworden. Und schuld daran ist nicht zuletzt das Wort „Allmacht" selbst, das solche seltsamen Assoziationen geradezu provoziert. Die Allmacht Gottes ist ein Bild, das auf falsche Gleise führt, wenn es beziehungslos verstanden wird.
Tatsächlich ist Gott nach christlichem Verständnis so allmächtig wie ohnmächtig, denn er hat seine Macht an die Liebe gebunden, und die Macht der Liebe ist eine zwar starke, aber auch sanfte und langsame Kraft.
Ich glaube an die unerschöpfliche Liebe Gottes, die Menschen dazu bewegen will, das zu tun, was dem Leben und der Gerechtigkeit dient. Ein langer und mühsamer Weg. Er riskiert, wie uns das Geschick Jesu zeigt, auch das Scheitern. Doch der Weg der Liebe ist der einzige, der die Menschen in der Freiheit ihrer Lebensgestaltung ernst nimmt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8387
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